Polens Präsident zu Besuch bei Trump: Duda gegen US-Truppenabzug aus Deutschland
Der Nato-Generalsekretär hatte wohl interveniert: Nun stellt Polens Staatsoberhaupt die generelle US-Präsenz in Europa über den Wunsch nach mehr US-Soldaten in Polen.
Dieser Besuch im Weißen Haus nahm eine überraschende Wende. Polens Präsident Andrzej Duda war am Mittwoch in der Hoffnung nach Washington geflogen, Donald Trump werde ihm ein Wahlgeschenk auf die Rückreise mitgeben: im Idealfall die Zusage, eine namhafte Zahl von US-Soldaten zusätzlich in Polen zu stationieren.
Am Sonntag ist die erste Runde der Präsidentenwahl in Polen. Dudas Aussichten auf eine glatte Wiederwahl haben sich verschlechtert. Er könnte den Beistand brauchen.
Umso bemerkenswerter war Dudas Hauptbotschaft an Trump in der Pressekonferenz im Weißen Haus. Er wandte sich zwei Mal gegen Trumps Ankündigung, ein Drittel der in Deutschland stationierten US-Soldaten abzuziehen.
Bitte keine Reduzierung der US-Truppen in Europa. Darin sei er sich mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg einig.
Duda bittet Trump, den Kurs zu ändern
Aus Nato-Kreisen war zu hören, Stoltenberg habe mit Duda vor dem Abflug in die USA telefoniert. Und nun erklärte Polens Staatsoberhaupt die Militärpräsenz der USA in Deutschland und die Einigkeit der Europäer in dieser Frage während einer Pressekonferenz im Weißen Haus quasi zum Kern der nationalen Interessen Polens.
"Ja, das bestreite ich nicht: Ich habe den Präsidenten gebeten, keine Truppen aus Europa abzuziehen", bestätigte Duda auf eine Journalistenfrage nach Trumps Abzugsplänen. Polens Sicherheit liege darin, dass die US-Präsenz in Europa nicht verringert werde.
"Und damit meine ich ein einiges Europa, für das die US-Präsenz eine enorme Sicherheitsgarantie bedeutet." Wenn ihn andererseits jemand frage, ob Polen sich mehr US-Soldaten auf seinem Boden wünsche, dann sage er: selbstverständlich.
[Mit dem Newsletter „Twenty/Twenty“ begleiten unsere US-Experten Sie jeden Donnerstag auf dem Weg zur Präsidentschaftswahl. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung: tagesspiegel.de/twentytwenty.]
Direkt davor hatte der US-Präsident auf die gleiche Frage bekräftigt, dass er die Truppenstärke in Deutschland von derzeit rund 35.000 Mann auf 25.000 verringern wolle. Genau genommen sprach Trump von einer Reduzierung von 52.000 auf 25.000. Da sind die 17.000 - zum Gutteil deutschen - Zivilangestellten des US-Militärs mitgezählt.
Trump: Deutschland handelt "kriminell" in der Nato
Trump verband das mit einer längeren, heftigen Beschwerde, das Deutschland "auf kriminelle Weise" seine Pflichten gegenüber der Nato vernachlässige und nicht die vereinbarten zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) für Verteidigung ausgebe. Polen hingegen erfülle die Zusage, lobte Trump mehrfach.
In den vorbereitenden Erklärungen der beiden Präsidenten zu Beginn der Pressekonferenz war von Truppenverlegungen nicht die Rede. Trump und Duda beriefen sich auf Vereinbarungen zur militärischen Zusammenarbeit aus dem vergangenen Jahr - ein weiterer Hinweis, dass nichts Neues vereinbart worden war.
Trump lobte Polens Entscheidung von damals, amerikanische Kampfjets vom Typ "F 35" zu kaufen. Duda bedankte sich für Trumps Zusage von damals, tausend US-Soldaten zusätzlich in Polen zu stationieren.
Hauptthemen der Erklärungen waren andere Felder der Kooperation: die Flüssiggasanlagen, die Polen baut, und das Projekt eines Atomkraftwerks mit US-Technik, um die Abhängigkeit von russischem Gas und heimischer Kohle zu reduzieren.
Verlegung nach Polen nur gegen Bezahlung
Auf die Frage, wie denn eine Verstärkung der US-Soldaten in Polen aussehen könne und ob Truppen von Deutschland dorthin verlegt werden, bestand Trump darauf, dass dies nur gegen Bezahlung in Frage komme. "Polen hat uns oft gefragt, ob wir mehr Truppen schicken können. Nun ja, sie werden dafür bezahlen. Und dann würden wir sie vermutlich von Deutschland nach Polen verlegen."
Dann folgte seine lange Beschwerde, dass Deutschland die US-Präsenz nicht verdiene, weil es weder den USA die Kosten dafür erstatte noch seine Verpflichtungen der Nato gegenüber erfülle. "Ich denke, sie wollen unsere Wahl abwarten und hoffen, dass sie es danach mit jemand anders als Präsident Trump zu tun haben. Aber auch nach der Wahl werden sie mehr zahlen müssen."
In die lange Strafpredigt über Deutschland flocht Trump ein: "Deshalb reduzieren wir unsere Truppen in Deutschland. Manche werden nach Hause kommen. Manche werden in andere Länder verlegt. Und Polen könnte einer dieser Orte sein."
Pentagon hat keinen Plan für eine Truppenverlegung
Laut "Washington Post" betonen Vertreter des Pentagon und Diplomaten, es gebe keine Festlegungen, wie Trump die angekündigte Reduzierung der Truppen in Deutschland erreichen könne. Es gebe auch keine konkreten Pläne, Einheiten von Deutschland nach Polen zu verlegen. Im Kongress protestieren Abgeordnete und Senatoren der Republikaner gegen den Abzug.
Der frühe US-Oberbefehlshaber für Europa, General Ben Hodges, hatte darauf hingewiesen, dass die von Trump angekündigte Reduzierung um ein Drittel kaum möglich sei, ohne die militärische Handlungsfähigkeit der USA in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika zu beschädigen.