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Zur besten Sendezeit im Fernsehen: US-Präsident Donald Trump bei seiner Ansprache
© AFP/Getty Images/Sandy Huffaker

TV-Ansprache des US-Präsidenten: Donald Trump will unbedingt den Sieg

US-Präsident Trump tut alles, um nicht als Verlierer des Machtkampfs um die Grenzmauer dazustehen. Die Demokraten sollten vorsichtig sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Es fällt leicht, Donald Trumps Fernsehansprache zur nationalen Krise an der Südgrenze zu Mexiko und seine Forderung nach 5,7 Milliarden Dollar für den Bau einer Mauer als PR-Luftnummer abzutun. Die "Washington Post" hatte vorab prognostiziert, mit welchen 20 Unwahrheiten der Präsident mutmaßlich für den Mauerbau werben werde. Sie lag nicht falsch. Trump bleibt Trump. Er hält sich lieber an die von ihm erfundene "Realität" als an die Fakten. Und er spitzt den Konflikt weiter zu, statt einzulenken.

Mehr als ein Dutzend Unwahrheiten

Zugleich hat er einmal mehr vorgeführt, warum sein Populismus erfolgreich ist. Er beschwört eingängige Bedrohungsbilder, er fasst die Probleme in einem Symbolbegriff zusammen, der Mauer. Er löst ein Kopfkino bei seinen Anhängern aus. Dagegen wirken Appelle an die Vernunft nur begrenzt.

Gewiss doch: Er lügt. Die Zahl der illegalen Grenzübertritte ist nicht gestiegen, sondern gesunken. Die Zahl der Aufgegriffenen lag 2018 bei rund einem Viertel der Größenordnung des Höchststand im Jahr 2000. Illegale Drogen kommen zum Großteil auf anderen Wegen in die USA als durch Grenzschmuggel. Das gilt auch für Terroristen - soweit es ihnen überhaupt noch gelingt, einzureisen. Die Strategie der Terrornetzwerke hat sich dahin verlagert, Täter im Land anzuwerben.

Und nein, Mexiko wird den Mauerbau nicht bezahlen, auch nicht über die Neufassung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens, das nun USMCA heißt nicht mehr Nafta. 

Es spricht auch wenig dafür, dass Trump mit dieser Rede den Konflikt um den Staatshaushalt und die zwangsweise Schließung der Regierung beenden wird. Warum sollten ihm die Demokraten die verlangten Mittel für den Mauerbau bewilligen? Das Parlament hat das Budgetrecht, nicht der Präsident. Und die Demokraten haben jetzt wieder die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Darauf bestanden sie in ihren Fernsehansprachen nach Trumps Auftritt.

Werben um die Sicht der Wähler

Nur: Wie weit hilft es, Trump durch Faktencheck zu widerlegen? Und werden die wahlentscheidenden Wechselwähler den Demokraten in diesem Meinungsstreit Recht geben? Die Schuld am Regierungsstillstand lasten sie nach aktuellen Umfragen eher Trump an. Da geht es jedoch um die Methoden im Machtkampf, nicht um die Frage, ob die Demokraten mit ihrer Haltung zur illegalen Einwanderung und dem Schutz der Grenze richtig liegen. Wie viele Bürger haben mehr Empathie für „Illegale“ als für den Schutz der Grenze, den Trump einfordert?

Die Lage an der Grenze reicht gewiss nicht an einen nationalen Notstand heran. Akzeptabel ist sie in den Augen der meisten Bürger jedoch auch nicht. Viele Amerikaner erwarten, dass die Rechtslage durchgesetzt wird: Ja zu legaler Einwanderung, Nein zu illegaler. Darauf setzt Trump. Und deshalb müssen die Demokraten sehr vorsichtig sein und überlegen, wie weit sie diesen Machtkampf eskalieren lassen.

Der "nationale Notstand" ist nicht vom Tisch

Es ist Trump durchaus zuzutrauen, dass er einen nationalen Notstand erklärt, um ohne die budgetrechtliche Zustimmung des Kongresses Baumaßnahmen einzuleiten - ungeachtet all der verfassungsrechtlichen Fragen, die das auslöst. Damit würde er das gewünschte Bild befestigen, dass er ein Macher sei, der handelt, statt nur zu reden.

Beide Seiten werden ein bisschen nachgeben müssen, wenn sie die Eskalation verhindern und zu einer gesichtswahrenden Lösung im Machtkampf kommen wollen. Die ist in der entstandenen Lage auch der Ausweg, den Trump sucht. Eine Situation hingegen, in der er als offenkundiger Verlierer dasteht, wird er nicht zulassen

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