Haushaltsstreit in den USA: Der Machtkampf um die Mauer zu Mexiko
Donald Trump und die Demokraten ringen um eine Lösung im Haushaltsstreit. Letztere sind im Vorteil: Ab Donnerstag haben sie die Mehrheit im Repräsentantenhaus.
In den USA beginnt das neue Jahr mit einem Kräftemessen unter den Bedingungen geteilter Macht. An diesem Donnerstag tritt in Washington das im November gewählte Repräsentantenhaus zusammen. Erstmals seit acht Jahren haben die Demokraten wieder die Mehrheit. Sie wollen die 78-jährige Nancy Pelosi zur „Madame Speaker“ wählen. Wer das Amt hat, bestimmt, was auf die Tagesordnung kommt und worüber debattiert wird. Im Senat hingegen haben die Republikaner ihre Mehrheit verteidigt.
Die veränderten Machtverhältnisse wirken sich auf den Konflikt um die Finanzierung der von Präsident Donald Trump geforderten Mauer an der Grenze zu Mexiko aus, der zur teilweisen Schließung der US-Regierung geführt hat. Nun wirbt der Präsident, der meist unnachgiebig auf seinen Forderungen beharrt, für einen Kompromiss. „Grenzsicherheit, Mauer und Regierungsstillstand sind nicht die Themen, mit denen Nancy Pelosi ihr Amt als Speaker beginnen will! Besser einen Deal schließen?“, twitterte Trump am Dienstag. Doch die Demokraten geben sich prinzipiell: Der Bau einer Mauer sei Geldverschwendung.
Vom Ausgang der Machtprobe erhoffen sich viele US-Bürger Hinweise, mit welcher Atmosphäre sie in den 22 Monaten bis zur Präsidentschaftswahl 2020 zu rechnen haben: mehr Kompromissbereitschaft, weil keine Partei alleine das Budget und Gesetze beschließen kann? Oder noch härtere Lagerkämpfe?
Trump hatte die Fraktionsführer beider Parteien in Repräsentantenhaus und Senat für den späten Mittwochabend ins Weiße Haus eingeladen, um über einen Ausweg zu verhandeln. Die Aussichten galten aber als gering, da die Demokraten keinen großen Druck spüren, sich zu beugen, und Trump den Eindruck vermeiden möchte, dass er nachgeben musste. Das Treffen endete den auch ergebnislos.
Trump hatte vor Weihnachten fünf Milliarden Dollar für die Mauer gefordert; deren Bau gehörte zu seinen zentralen Wahlkampfversprechen. Die Demokraten wollen maximal 1,3 Milliarden Dollar für den Ausbau bereits vorhandener Grenzzäune bewilligen. Wegen des Streits hat der Kongress keinen Staatshaushalt beschlossen. Wenn die Mittel für die laufenden Regierungsgeschäfte fehlen, werden in den USA Bedienstete in den Zwangsurlaub geschickt. Der „Government Shutdown“ dauert nun bereits zwölf Tage an. Bei einer Kabinettssitzung am Mittwoch drohte Trump damit, er könne noch „lange Zeit“ dauern.
Trumps Druckmittel geht nach hinten los
Die Republikaner haben diesen Mechanismus seit rund 25 Jahren immer wieder als Druckmittel benutzt – in der Hoffnung, dass die Wähler den Demokraten die Schuld an der unpopulären Schließung von Behörden, Nationalparks und anderen staatlichen Dienstleistern geben. Dieses Kalkül ist meist nicht aufgegangen. Die „Government Shutdowns“ haben den demokratischen Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama vielmehr geholfen, wiedergewählt zu werden.
Trotz dieser Erfahrung verband Trump seine Forderung nach den Milliarden für den Mauerbau im Dezember mit der Drohung, andernfalls die Regierungsschließung herbeizuführen. Nach der verlorenen Kongresswahl sah er wohl keine andere Möglichkeit, Geld für die Mauer zu bekommen, da absehbar war, dass die Demokraten im Januar die Kontrolle des Kongresses übernehmen. Mit der Behauptung, dass die Lage an der Südgrenze der USA außer Kontrolle sei und mit den illegalen Migranten vermehrt Drogen ins Land kommen und die Zahl der Verbrechen steige, hatte Trump zuvor immer wieder Wähler mobilisieren können.
Dennoch gaben die Demokraten nicht nach. Sie sehen in dem Konflikt eine Chance, sich von Trumps konfliktgeladenem Stil abzusetzen. Pelosi twitterte: „Der Präsident gibt uns die Gelegenheit zu zeigen, wie verantwortungsbewusst wir regieren und wie rasch wir den Trump-Shutdown beenden werden.“
Das Budgetrecht liegt beim Parlament. Die Demokraten wollen am Donnerstag mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus die Finanzierung der meisten Ministerien und Behörden bis zum Ende des US-Haushaltsjahr im September beschließen, berichtet die „Washington Post“. Es gehe dabei um Summen, denen die Republikaner im Senat bereits zugestimmt haben. Ausgenommen davon sei das Ministerium für Homeland Security (Heimatschutz), in dessen Zuständigkeit die Grenze fällt. Für diesen Bereich wollen die Demokraten die Finanzierung nur für wenige Wochen beschließen, um ein Druckmittel zu behalten.
Machen Demokraten und Republikaner ihren eigenen Deal?
Die „New York Times“ schreibt, angesichts eines irrlichternden Präsidenten seien führende Republikaner und Demokraten im Kongress bereits im Gespräch über einen Kompromiss ohne Einbeziehung Trumps. Die Republikaner würden mehr Gelder für die Grenzsicherung bekommen, die Demokraten mehr Rechte für illegale Migranten durchsetzen, voran für die so genannten „Dreamers“, die als Kinder mit ihren Eltern in die USA kamen, inzwischen erwachsen sind aber keine offiziellen Dokumente haben.
Eine solche Entwicklung wäre eine zusätzliche Genugtuung für die Demokraten. Vor einem Jahr hatte ihnen Trump im Zuge eines anderen Kompromisses eine Lösung für die „Dreamers“ zugesagt. Er versprach ein „Gesetz der Nächstenliebe“, wurde dann aber wortbrüchig.
Der Präsident könnte sein Veto einlegen, wenn Demokraten und Republikaner ein solches Kompromisspaket als Gesetz verabschieden – freilich mit dem Risiko, dass der Kongress dieses Veto überstimmt. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern erforderlich.
Insider in Washington halten einen so weitgehenden Schulterschluss von Republikanern und Demokraten gegen den Präsidenten für unwahrscheinlich. Beide Lager haben die Wahl 2020 im Blick und gönnen dem jeweils anderen keinen großen Erfolg. Ein kleiner Kompromiss, der die Regierungsschließung nach einigen Tagen des gesichtswahrenden Verhandelns beendet, wäre auch schon ein Fortschritt.