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Update

Nach INF-Aus: Donald Trump spricht sich für neuen Abrüstungsvertrag aus

Die US-Regierung kündigt den historischen INF-Vertrag. Bundeskanzlerin Merkel gibt Russland die Schuld. In Europa wächst die Angst vor einem neuen Wettrüsten.

US-Präsident Donald Trump hat sich nach der Aufkündigung des INF-Abrüstungsvertrags mit Russland für ein neues Abkommen ausgesprochen. "Ich hoffe, dass wir alle in einen großen und wunderschönen Raum zusammenbringen können", sagte er am Freitag in Washington. Ziel sei dann "ein neuer Vertrag, der viel besser sein würde". Dieser könnte möglicherweise andere Staaten als nur die USA und Russland einschließen.

Der amerikanische Außenminister Mike Pompeo hatte zuvor den Ausstieg aus dem Vertrag angekündigt, da Moskau das 1987 zwischen den USA und der Sowjetunion geschlossene Abkommen in „schamloser“ Weise verletzt habe. Die USA seien aber zu Verhandlungen mit Russland über Rüstungskontrollen bereit.

Angesichts des Rückzugs der USA wächst die Angst vor einem neuen atomaren Wettrüsten. Eine Debatte über einen solchen Rüstungswettlauf werde „Europa wieder zerreißen“ und „am Ende des Tages auch schwächen“, sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn am Freitag in Bukarest. Das Abkommen sei „im Interesse unserer Sicherheit und der europäischen Sicherheit“, warnte Russlands Vize-Außenminister Sergej Riabkow.

Sein deutscher Kollege Heiko Maas warf Moskau vor, den Vertrag mit Verstößen „faktisch außer Kraft gesetzt“ zu haben. Beim Treffen der EU-Außenminister in Bukarest rief er beide Seiten zum Dialog auf. Ohne den INF-Vertrag werde es in Europa weniger Sicherheit geben. In Brüssel erklärte die Nato, die US-Maßnahmen in ganzer Breite zu unterstützen.

Der INF-Vertrag verbietet landgestützte Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern, die Atomsprengköpfe tragen können. Die USA und die Nato werfen Russland vor, mit seinem Marschflugkörper 9M729 gegen das Abkommen zu verstoßen. Moskau bestreitet dies.

Stoltenberg: Nato plant keine neuen Atomwaffen in Europa

Nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg plant das Bündnis keine Aufstellung neuer Atomwaffen. Es sei nicht vorgesehen, als Reaktion auf den umstrittenen russischen Marschflugkörper 9M729 neue bodengestützte Atomwaffen in Europa zu stationieren, sagte Stoltenberg am Freitag im ZDF-"heute journal". Die Nato habe viele andere mögliche Optionen, die man nun anschaue, um angemessen zu reagieren.

Die Raketen, um die es im Streit mit Russland geht, seien "schwerer aufzufinden, sind mobil, können europäische Städte erreichen, haben nukleare Fähigkeiten und die Vorwarnzeit wird reduziert", sagte Stoltenberg. Russland verletze damit den INF-Vertrag, darin seien sich die Nato-Mitgliedsstaaten einig. Aber das Bündnis sei bereit, mit Russland weiter zu verhandeln. Es seien noch sechs Monate Zeit, um den INF-Vertrag zu retten.

Mit der Aussetzung des Vertrags beginnt eine sechsmonatige Frist, innerhalb der der Streit noch beigelegt werden kann. Falls Russland sich bis dahin nicht wieder an den Vertrag halte, sei dieser hinfällig, sagte Pompeo. Die nach dem Abkommen vorgesehene offizielle Benachrichtigung an Russland, dass der Ausstieg vollzogen wird, soll an diesem Samstag erfolgen – nach dem offiziellen Ende eines von Trump gesetzten 60-Tages-Ultimatums.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte die deutsche Einschätzung, Russland habe den INF-Vertrag verletzt, forderte aber beide Seiten auf, die Sechs-Monats-Frist zu nutzen, um doch noch zu einer Einigung zu kommen.

Mit dem US-Ausstieg droht auch ein Konflikt innerhalb Europas. Während sich viele westeuropäische Staaten vor allem besorgt über die Folgen des Schritts der Amerikaner äußerten, stellten sich osteuropäische EU-Mitglieder eindeutig hinter die USA. So forderte der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz nun die Stationierung von US-Atomraketen in Europa. „Es liegt in unserem europäischen Interesse, dass amerikanische Truppen und Atomraketen auf dem Kontinent stationiert sind“, sagte Czaputowicz dem „Spiegel“. Auch Lettlands Außenminister Edgar Rinkevics zeigte „volles Verständnis“ für die US-Entscheidung.

Dagegen nannte es der luxemburgische Außenminister Asselborn „befremdend“, dass sich Russen und Amerikaner im Kalten Krieg auf den Abrüstungsvertrag geeinigt hätten und heute vor einem neuen „Wettrüsten“ stünden. „Geografisch sind wir die Leidtragenden, wenn wieder Aufrüstung auf der Tagesordnung steht.“ (mit Reuters, AFP)

Warum Deutschland zur Spaltung der Nato beiträgt: Lesen Sie hier einen Kommentar zu den Folgen des US-Ausstiegs aus dem INF-Vertrag.

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