Mieterschutz, neue Schulden und Geld für Kliniken: Diese Maßnahmen will der Bund in der Corona-Krise beschließen
Das Coronavirus zwingt die Bundesregierung zu einschneidenden Schritten. Fest steht, der Nachtragsetat wird 156 Milliarden Euro groß sein.
Die Bundesregierung wird am Montag wegen der Coronavirus-Krise ein Kündigungsmoratorium für Mieter auf den Weg bringen. Nach Informationen des Tagesspiegels wird in dem Entwurf aus dem Bundesjustizministerium ein Kündigungsstopp bis September vorgesehen.
Demnach kann Mietern, die aufgrund der Corona-Maßnahmen Einkunftsausfälle haben und in Zahlungsverzug geraten, von April an nicht mehr gekündigt werden. Das gilt sowohl für Wohnungs- wie für Gewerberäume. Die Verpflichtung zur Mietzahlung gilt aber grundsätzlich weiter. Nach der aktuellen Gesetzeslage kann ein Mieter aus seiner Wohnung gekündigt werden, wenn er zwei Monate seine Miete nicht zahlt.
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„Zahlreiche Solo-Selbständige, Kleinstgewerbetreibende und Kulturschaffende stehen aufgrund der Coronavirus-Krise vor dem Nichts“, sagte die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe dem Tagesspiegel. „Viele haben mir berichtet, dass sie nicht wissen, wie sie bald ihre Miete bestreiten sollen. Wir brauchen daher das Kündigungsmoratorium. Niemand soll um seine Existenz bangen müssen.“
Die Koalitionsfraktionen würden am Mittwoch im Bundestag ein ganzes Paket von Sofortmaßnahmen zum Schutz von Solo-Selbständigen und Kleinunternehmen beschließen. „Diese Bundeshilfen kommen on top zu den in Berlin beschlossenen Maßnahmen. Die Metzgerin um die Ecke kann dann direkte Zuschüsse beantragen, damit sie ihre Gewerbemiete zahlen kann. Für ihre Beschäftigten erhält sie Kurzarbeitergeld“, sagte Kiziltepe.
„Der Künstler muss mit dem erleichterten Zugang zum Arbeitslosengeld, dem Hilfefonds bei der Künstlersozialkasse, aber auch mit den direkten Zuschüssen nicht mehr um seine Existenz bangen.“
Kliniken sollen wegen Coronavirus Geldspritze bekommen
Zu dem Maßnahmenpaket, welches das Bundeskabinett am Montag beschließen will und das dann im Eiltempo bis zum kommenden Freitag durch Bundestag und Bundesrat gebracht werden soll, gehört auch ein Krankenhausentlastunggesetz.
Damit soll verhindert werden, dass Kliniken wegen der Coronavirus-Maßnahmen ins Defizit rutschen. Zusätzliche Intensivbetten sollen gefördert werden. Geplant ist offenbar eine Hilfe in Höhe von drei Milliarden Euro.
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Der Nachtragshaushalt, den Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Montag ins Kabinett einbringen wird, hat nach Tagesspiegel-Informationen ein Volumen von 156 Milliarden Euro. Diese sollen komplett durch neue Kredite finanziert werden – weshalb der Bundestag am Mittwoch erstmals beschließen muss, die Notfallregelung der Schuldenbremse in Kraft zu setzen.
Diese macht in Notlagen wie jetzt in der Coronavirus-Krise neue Schulden in unbegrenzter Höhe möglich, allerdings muss das Parlament gleichzeitig auch einen Tilgungsplan beschließen.
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Die größte Einzelmaßnahme in dem Nachtragsetat wird der schon angekündigte 40-Milliarden-Fonds sein, der zur Unterstützung von Solo-Selbständigen und Kleinunternehmen aufgelegt wird.
Zudem muss der Finanzminister die durch das teilweise Herunterfahren der Wirtschaftsaktivitäten entstehenden Steuerausfälle über Kredite gegenfinanzieren. Diese werden sich im zweistelligen Milliardenbereich bewegen, auch weil wegen der Krise Steuerstundungen angeboten werden.
Firmenrettungsfonds darf wegen Coronavirus Schulden machen
Zusätzlich darf sich, so der Scholz-Plan, der neu geschaffene Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) mit bis zu 200 Milliarden Euro verschulden. Die Hälfte davon ist für eventuelle Beteiligungen des Bundes an Unternehmen vorgesehen, die wegen der Coronavirus-Krise in eine Schieflage geraten. Dabei geht es um Firmen der Realwirtschaft, nicht um Banken oder andere Finanzinstitute.
Weitere 100 Milliarden Euro sollen für ein Darlehen des WSF an die Kreditanstalt für Wiederaufbau aufgenommen werden. Die KfW hat die Aufgabe, Kredithilfen für Unternehmen zu vergeben.
Zudem soll der WSF bis zu 400 Milliarden an Bürgschaften für Verbindlichkeiten von Unternehmen übernehmen können. Der Verschuldungsrahmen des WSF in Höhe von 200 Milliarden Euro ist außerhalb des Bundesetats angesiedelt und damit auch außerhalb der Schuldenbremse.