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Drei Millionen Menschen in den USA werden derzeit pro Tag geimpft.
© Kamil Krzaczynski/REUTERS

Trotz beeindruckender Zahlen: Die USA streiten über einen Impfpass

Während die Biden-Regierung kaum für möglich gehaltene Impfzahlen präsentieren kann, kritisieren republikanische Gouverneure die Idee eines Impfpasses.

Die amerikanische Impfkampagne rollt und rollt – und hat inzwischen ein Tempo angenommen, das viele kaum für möglich gehalten hatten. Drei Millionen Menschen in den USA werden derzeit pro Tag geimpft, bald schon könnten es vier Millionen sein. Und das vor allem, weil staatliche und private Akteure erfolgreich zusammenarbeiten, weil Massenimpfzentren aus dem Boden gestampft wurden, Apotheken und Supermärkte Impfungen anbieten konnten – und generell Effizienz Vorfahrt vor Genauigkeit hatte. Verfahren wurde und wird nach dem Prinzip, dass es zwar nicht in Ordnung sei, wenn sich bestimmte Gruppen vordrängeln, es aber am Ende allen helfe, wenn möglichst viele möglichst schnell geimpft werden.

Das Ergebnis: Knapp ein Drittel der US-Amerikaner hat inzwischen zumindest eine Spritze erhalten. Und erwartet wurde, dass Präsident Joe Biden am Dienstagnachmittag (Ortszeit) ein neues Ziel ausgeben würde: US-Medien zufolge wollte er verkünden, dass bereits ab dem 19. April jeder über 16-Jährige impfberechtigt sein werde, bislang war die Deadline der 1. Mai. Das ist realistisch, da inzwischen alle 50 Bundesstaaten selbst ihren Zeitpunkt dafür genannt haben, wann sie die Impfung für alle Erwachsenen freigeben.

Mit dem zunehmenden Grad an Immunisierung haben die Planungen für weitere Öffnungsschritte begonnen. Die Geschwindigkeit, mit der das geschieht, variiert von Bundesstaat zu Bundesstaat.

So hat Washington DC gerade angekündigt, dass am 1. Mai vieles gelockert wird. Dann können wieder große Hochzeiten und Konferenzen stattfinden, Kinos und Museen dürfen unter bestimmten Auflagen öffnen, und sogar die öffentlichen Schwimmbäder, die im vergangenen Jahr ganz geschlossen blieben, sollen den Bewohnern der Hauptstadt wieder durch die schwül-heißen Sommermonate helfen. Masken und Abstandhalten bleiben aber erst einmal vorgeschrieben.

Florida hatte nie eine Maskenpflicht eingeführt

In anderen Staaten wie Florida hat die Politik nie so strenge Vorschriften auferlegt. Eine Maskenpflicht gab es in dem „Sunshine State“ nie, genauso wenig wie flächendeckende Lockdowns. Und auch sonst hat sich der republikanische Gouverneur Ron DeSantis als einer der Hauptkritiker der Corona-Politik der neuen Regierung in Washington hervorgetan. Sein neuester Feldzug richtet sich gegen Überlegungen, Geimpfte künftig bevorzugt zu behandeln – eine Diskussion, die auch in Deutschland geführt wird.

Nachdem New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo in der vergangenen Woche bekannt gegeben hatte, dass sein Bundesstaat mit der Einführung des „Excelsior Pass“ das erste Impfpass-Programm in den USA eingeführt habe, warnte DeSantis vor einer „Zweiklassengesellschaft“ und kündigte an, er werde es Behörden und Unternehmen untersagen, Impfpässe oder Unterlagen zu verlangen, aus denen hervorgeht, dass jemand gegen Covid-19 geimpft wurde.

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„Es ist weder für die Regierung noch für den privaten Sektor akzeptabel, von Ihnen einen Impfstoffnachweis zu verlangen, nur um am normalen gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können“, sagte er bei einer Pressekonferenz am Montag, nachdem er eine entsprechende „executive order“ in Kraft gesetzt hatte. Das seien persönliche Informationen, der Staat könne nicht verlangen, dass diese herausgegeben werden. Die republikanischen Gouverneure aus Nebraska und Missouri haben sich ebenfalls gegen das Impfpass-Konzept ausgesprochen.

Bislang gibt es nur einen handschriftlich ausgefüllten Impfnachweis

Datenschutz-Bedenken haben auch andere, vor allem, wenn ein einheitlicher Impfpass eingeführt würde, den Fluggesellschaften, die Gastronomie, Sportveranstalter und Eventagenturen fordern. Die Biden-Regierung entwickelt derzeit zusammen mit Tech-Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen eine Reihe von Standards, mit denen Geimpfte sich ausweisen können – wohlgemerkt auf freiwilliger Basis. Auf Bundesebene werde es keine Ausweispflicht geben, erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Montag.

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Zu klärende Fragen sind beispielsweise die, wie vermieden werden kann, dass Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, diskriminiert werden. Oder welche Alternativen es zu einer Smartphone-Nutzung gibt.

Bislang erhalten Geimpfte einen kleinen Zettel, auf den „Covid-19 Vaccination Record Card“ gedruckt ist. Darunter werden handschriftlich Name und Geburtsdatum des Geimpften eingetragen, sowie der jeweilige Impfstoff, Zeitpunkt und Ort der Impfungen.

Kein Stempel bestätigt die Angaben, in den gelben internationalen Impfpass wird nichts eingetragen. Als fälschungssicherer Nachweis kann so etwas kaum gelten, schon gar nicht auf internationaler Ebene. Mit jedem Geimpften wächst indes der Bedarf nach einer einheitlichen Lösung.

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