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Kühle Stimmung: Außenminister Heiko Maas (l) und sein türkischer Amtskollege Mevlüt Cavusoglu (Archivbild)
© dpa/Bernd von Jutrczenka

Maas sagt Ankara-Besuch ab: Die türkische Machtdemonstration könnte zum Eigentor werden

Die Türkei schickt ihr Forschungsschiff „Oruc Reis“ wieder in die Nähe einer griechischen Insel. Damit vergrault Erdogan im Gasstreit nun auch die Deutschen.

Im Gasstreit im östlichen Mittelmeer vergrault die Türkei die USA und ihre letzten Fürsprecher unter den EU-Großmächten – die Deutschen. Mit ihrer Taktik aus aggressiven Vorstößen und versöhnlichen Signalen verspielt die türkische Regierung ihre Glaubwürdigkeit in einem Konflikt, in dem sie ohnehin isoliert ist.

Bundesaußenminister Heiko Maas will das türkische „Wechselspiel aus Entspannung und Provokation“ jedenfalls nicht mehr mitmachen und hat einen Besuch in der Türkei abgesagt. Bei seinen Gesprächen in Zypern und Griechenland am Dienstag betonte Maas die Solidarität der deutschen Ratspräsidentschaft mit den beiden EU-Staaten. Die Debatte über EU-Sanktionen gegen die Türkei gewinnt wieder an Fahrt.

Indem sie ihr Forschungsschiff „Oruc Reis“ wieder in die Nähe einer griechischen Insel schickt, untergräbt die Türkei den Ansatz der deutschen Regierung, eine Lösung in Verhandlungen zu suchen. Griechenland stellte am Dienstag klar, dass es die geplanten Gespräche mit der Türkei über die Grenzziehung in Ägäis und Mittelmeer nicht aufnehmen wird, solange die „Oruc Reis“ in den umstrittenen Gewässern unterwegs ist.

Das amerikanische Außenamt warf Ankara wegen der Fahrt der „Oruc Reis“ eine „kalkulierte Provokation“ sowie „Nötigung, Drohungen und Einschüchterungen“ vor – starker Tobak, der zeigt, dass auch in der Trump-Regierung die Stimmung gegen die Türkei gekippt ist. Mit Russland hat Ankara wegen des Konflikts in Berg-Karabach ebenfalls Schwierigkeiten.

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Die türkische Außenpolitik vom Kaukasus bis Libyen beruht auf einem militärisch unterfütterten Aktionismus: Die Türkei will überall mitmischen, um sich ein Mitspracherecht in regionalen Fragen zu sichern und wenn nötig zu erpressen. Wenn es ernsthaften Gegenwind gibt, wie bei der Drohung mit europäischen Sanktionen vor dem jüngsten EU-Gipfel, schaltet Ankara vorübergehend einen Gang zurück, geht anschließend aber wieder in die Offensive.

Europa kann sich nicht auf türkische Gesprächsbereitschaft verlassen

Gut möglich, dass die Türkei auch jetzt - nach der Absage von Maas‘ Besuch in Ankara - wieder ihre Gesprächsbereitschaft demonstrieren wird. Doch die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass Europa sich darauf nicht verlassen kann.

Weil die türkische Wirtschaft immer tiefer in die Krise rutscht, geht es für Präsident Recep Tayyip Erdogan auch darum, seine Wähler mit der Beschwörung angeblicher Bedrohungen aus dem Ausland bei der Stange zu halten.

Die türkische Regierung gleiche einem Radfahrer, der in Bewegung bleiben müsse, um nicht umzufallen, schrieb ein regierungskritischer Kommentator in der Türkei: Hauptsache Krach. Deshalb wächst die Gefahr einer unbeabsichtigten militärischen Eskalation etwa im Gasstreit, auch wenn die Türkei keinen Krieg will.

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Erdogan fährt diesen Kurs nicht nur aus innenpolitischen Gründen. Seine Regierung ist überzeugt, dass ihr die Alleingänge mehr Bewegungsfreiheit bringen als die Einbindung der Türkei in Allianzen. Beim Gasstreit hat Erdogan nun aber die Bundesregierung verärgert, die sich bisher gegen EU-Sanktionen stemmte.

Ankara kann nicht erwarten, dass Deutschland noch viel Verständnis für die türkische Position in dem Disput aufbringen wird, nachdem die Türkei mit der neuen Entsendung der „Oruc Reis“ die offene Provokation gewählt hat. Was als türkische Machtdemonstration gedacht war, könnte sich als Eigentor erweisen.

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