Ankara schickt Erkundungsschiff auf neue Mission: Türkei facht vor Maas-Besuch den Gasstreit im Mittelmeer an
Die Türkei entsendet erneut ein Gas-Erkundungsschiff ins östliche Mittelmeer. Der Konflikt mit Griechenland könnte sich erneut verschärfen.
Vor einer Vermittlungsmission von Bundesaußenminister Heiko Maas im östlichen Mittelmeer heizt die Türkei den Gasstreit mit ihren Nachbarn neu an. Ankara schickte am Montag ein Forschungsschiff zu einer neuen Erkundungsmission in die Nähe der griechischen Insel Kastellorizo. Wenn es in der Gegend Gas unter dem Meeresboden gebe, „dann werden wir es ganz bestimmt finden“, erklärte Energieminister Fatih Dönmez.
Maas will am Dienstag Gespräche in Zypern und Griechenland führen und wird am Mittwoch in der Türkei erwartet. Deutschland dringt auf eine Verhandlungslösung im Streit um Gebietsansprüche und Erdgasvorkommen unter dem Meeresboden. Doch die Chancen dafür sinken. Griechenland kritisierte die neue Fahrt des türkischen Forschungsschiffes als „direkte Bedrohung des Friedens“.
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Das türkische Schiff „Oruc Reis“ war Ende September aus dem Mittelmeer abgezogen worden und in den Hafen von Antalya zurückgekehrt. Offiziell begründete die Regierung in Ankara dies mit turnusmäßigen Wartungsarbeiten an dem Schiff; tatsächlich war die Entscheidung offenbar ein taktisches Manöver: Ankara wollte die damals drohenden Sanktionen der EU vermeiden.
Eine Verständigung auf neue Gespräche zwischen Athen und Ankara über den Streit um die Grenzziehungen im Meer sollten die Lage entspannen. Beim EU-Gipfel Anfang Oktober verzichtete Europa dann auf sofortige Strafmaßnahmen gegen die Türkei.
Eine baldige diplomatische Lösung ist aber nicht in Sicht. Die türkisch-griechischen Gespräche lassen auf sich warten - und die „Oruc Reis“ ist wieder im Einsatz.
„Wir werden weiter forschen, bohren und unsere Rechte verteidigen“
Die Wartung des Schiffes sei abgeschlossen, schrieb der türkische Minister Dönmez am Montag auf Twitter: „Wir werden weiter forschen, bohren und unsere Rechte verteidigen.“
Nach griechischer Auffassung liegt das aktuelle Erkundungsgebiet der „Oruc Reis“ in der Wirtschaftszone von Kastellorizo.
Das Athener Außenministerium erklärte, die neue Mission des Schiffes zeige, dass die Türkei nicht ernsthaft an einem Dialog interessiert sei.
Dass die Türkei ausgerechnet bei Kastellorizo nach Gas sucht, ist kein Zufall. Ankara führt griechische Ansprüche auf Gewässer um die Insel als Beispiel für die nach türkischer Ansicht unannehmbare Maximalposition der Griechen ins Feld: Obwohl Kastellorizo nur zwei Kilometer von der türkischen Küste, aber fast 600 Kilometer vom griechischen Festland entfernt liege, beanspruche Griechenland ein Seegebiet von 40.000 Quadratkilometern um die Insel, sagte ein hochrangiger türkischer Regierungsvertreter kürzlich.
Vor zwei Monaten drohte man sich gegenseitig mit militärischer Gewalt
Im August hatten die Nato-Partner Türkei und Griechenland im Gasstreit ihre Kriegsschiffe aufgeboten und sich gegenseitig mit militärischer Gewalt gedroht. Ein Gasfund der Türken vor Kastellorizo würde den Streit wahrscheinlich weit über das damalige Maß hinaus eskalieren lassen. Bisher ist kein Gas in einem Gebiet gefunden worden, das zwischen der Türkei, Zypern und Griechenland umstritten ist; die bisher entdeckten Gasfelder südlich von Zypern liegen außerhalb der türkischen Gebietsansprüche. Nach US-Schätzungen lagern im östlichen Mittelmeer mindestens 3,5 Billionen Kubikmeter Erdgas. Damit könnte ein Land wie Deutschland fast 40 Jahre lang mit Gas versorgt werden.
Die Türkei wirft ihren Nachbarn vor, sie von der Suche nach dem Gas und der Ausbeutung der Bodenschätze ausschließen zu wollen. Ankara will deshalb die eigene Gassuche ausweiten und fasst Erkundungen südlich von Rhodos und bis an die Ostküste von Kreta ins Auge.
Maas hatte Griechenland und die Türkei zuletzt Ende August besucht, aber nichts erreicht. Die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU werden auch durch Differenzen im Libyen-Konflikt sowie das türkische Engagement für Aserbaidschan im neuen Krieg um die Kaukasus-Region Berg-Karabach belastet.
Als Inhaberin der EU-Ratspräsidentschaft bis zum Jahresende will die Bundesregierung versuchen, das Verhältnis aus der Krise zu führen, doch zur Halbzeit der Präsidentschaft hat Berlin noch keine Fortschritte vorzuweisen. Im Dezember will die EU erneut über die Forderung von Griechenland, Zypern und Frankreich nach Sanktionen gegen die Türkei beraten.