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Die britische Premierministerin Theresa May.
© Jessica Taylor / AFP

Premierministerin unter Druck: Die Tage Theresa Mays sind gezählt

Wenn die britische Premierministerin dem Brexit-Votum des Parlaments nicht folgt, muss sie gehen. Alle anderen Optionen hat sie verspielt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Das Herz der ältesten Demokratie der Welt schlägt nicht in Downingstreet 10, sondern im Parlament, dem Unterhaus. Am Mittwoch wollen die Parlamentarier über mehrere Optionen des künftigen Umgangs mit der Europäischen Union diskutieren und abstimmen. Um das zu ermöglichen, haben die Abgeordneten der zunehmend selbstherrlich-arrogant auftretenden Premierministerin Theresa May das Heft des Handelns aus der Hand genommen. Gehandelt, argumentiert und um Lösungen gerungen hat die Regierungschefin aber schon lange nicht mehr.

Für mich bleibt sie 'die tragische Heldin'. Alles so gemacht, wie die Hälfte der Wähler es erwartete, gegen die eigene Überzeugung den Job getan und gegen den Hühnerhaufen verloren.

schreibt NutzerIn Wolf-G

Nun hat das Unterhaus – und es ist sich dessen bewusst – alle Optionen, auch jene, über die die Premierministerin überhaupt nicht mehr reden wollte. Ein Ja zum Brexit ist dann immer noch möglich, aber eben auch eine Umkehr, ein Nein zum Ausstieg aus der EU. Diskutiert wird ein sanfter Brexit mit einer engeren Bindung an die EU durch eine Zollunion ebenso wie ein zweites Referendum.

Immerhin hat eine Petition für den Abbruch des Brexits auf der Website des Parlamentes inzwischen 5,5 Millionen Unterschriften erreicht. Bereits ab 100.000 Voten müssen sich die Abgeordneten mit dem Thema einer Petition befassen. 5,5 Millionen Signaturen für einen Appell an das Parlament hat es überhaupt noch nicht gegeben.

Zur gleichen Zeit werden Analysen des britischen Arbeitsmarktes bekannt, wonach bereits jetzt schon der drohende Brexit zu einem deutlichen Rückgang von Angeboten auf dem Arbeitsmarkt für die unteren Lohngruppen führt. Das sind aber genau jene, die, durch die Propaganda der Brexiteers angetrieben, beim ersten Referendum besonders stark für das Verlassen der EU gestimmt hatten.

Die Premierministerin hat darauf verwiesen, dass Beschlüsse des Parlamentes in dieser Sache für sie nicht bindend seien. Das ist rechtlich korrekt, aber politisch absurd. Eine Premierministerin, die einem Mehrheitsvotum des Unterhauses nicht folgt, ist reif für eine Insel – aber eben nicht reif, die große Insel zu regieren. Wenn Theresa May dem Parlament nicht folgt, gibt es zwei Optionen: ein neuer Regierungschef oder Neuwahlen im Sommer.

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