Folgen eines harten Brexits: EU bereitet Bürger auf chaotischen Austritt vor
Das Risiko eines harten Brexits ist gestiegen. Was würde das bedeuten, etwa für Visa oder Handytarife? Die EU-Kommission hat Infomaterial veröffentlicht.
Angesichts der politischen Hängepartie in London wächst nach der Einschätzung der EU-Kommission das Risiko für einen „harten Brexit“. Es werde „zunehmend wahrscheinlich“, dass es am 12. April zu einem ungeregelten Austritt der Briten aus der EU komme, sagte eine hohe EU-Beamtin am Montag in Brüssel. Gleichzeitig schloss die EU-Kommission nach eigenen Angaben ihre seit Monaten laufenden Vorbereitungen für einen No-Deal-Brexit ab.
Die Brüsseler Behörde veröffentlichte neues Informationsmaterial für die Bürger für den Fall eines ungeregelten Brexit. Dabei werden die EU-Bürger unter anderem darauf hingewiesen, dass sie nicht mehr die Europäische Krankenversicherungskarte in Großbritannien verwenden können, falls es zum „harten Brexit“ kommt. Demnach sollten EU-Bürger im Fall der Fälle vor Reisen nach Großbritannien mit ihrer Krankenversicherung vorher abklären, ob Behandlungskosten in Großbritannien übernommen werden könnten. Anderenfalls wird zu einer privaten Reiseversicherung geraten. Auch mit höheren Kosten bei der Handynutzung sei zu rechnen, da Telekommunikationsunternehmen in Großbritannien sich nicht mehr an die in der EU geltenden Roaming-Regeln halten müssten.
Keine Visa für Reisen von weniger als 90 Tagen
Für britische Staatsbürger hat die Kommission darüber hinaus vorgeschlagen, dass für Aufenthalte in der EU mit einer Dauer von bis zu 90 Tagen kein Visum erforderlich ist. Darüber hinaus müssten sich britische Bürger darauf einstellen, dass ihr Pass bei Reisen in die EU sowohl bei Reisebeginn als auch beim Ende des Aufenthalts abgestempelt wird. So soll sichergestellt werden, dass die 90-Tage-Frist für visafreies Reisen eingehalten wird.
Für die Wirtschaft würde ein harter Brexit bedeuten, dass für Großbritannien künftig die Regeln der Welthandelsorganisation WTO gelten würden. Weil damit Zollkontrollen unumgänglich wären, bereite Frankreich 700 Neueinstellungen für den Zoll und andere Überprüfungen vor, hieß es am Montag in Brüssel. In den Niederlanden sind 900 und in Belgien 300 bis 400 zusätzliche Stellen geplant.
„Wir wollen keinen No-Deal-Brexit“, sagte die hohe EU-Beamtin am Montag weiter. Trotzdem könnte es am 12. April zu einem ungeregelten Austritt kommen, falls im Unterhaus bis dahin keine Mehrheit für den EU-Austrittsvertrag zu Stande gekommen ist und Großbritannien auch keinen schlüssigen Alternativ-Plan vorgelegt hat. Die britische Regierungschefin Theresa May gab am Montag im Unterhaus zu, dass sich weiterhin im britischen Parlament keine Mehrheit für den Trennungsvertrag mit der EU abzeichne. Sie werde in dieser Woche weiterhin Gespräche im Unterhaus führen, um den Deal mit der EU doch noch durchs Parlament zu bringen. In diesem Fall dürfte Großbritannien am 22. Mai in einem geregelten Verfahren aus der EU ausscheiden.
May sieht weiter keine ausreichende Mehrheit für Abkommen
May verdeutlichte den Abgeordneten, dass aufgrund der Beschlüsse des Brüsseler EU-Gipfels von der vergangenen Woche neben einem "harten Brexit" am 12. April auch eine weitere Verlängerung der Brexit-Frist und eine Teilnahme Großbritanniens an der Europawahl denkbar seien. Die Abgeordneten müssten jetzt "die Realität der harten Entscheidungen" zur Kenntnis nehmen, beschwor May die Parlamentarier.