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SPD-Parteichefin Andrea Nahles
© Marcel Kusch / dpa

Krise der Sozialdemokraten: Die SPD stößt auf eine Mauer des Redens

Der Parteivorstand trifft sich bei der Klausur zum Reden, nicht zum Entscheiden. Dabei muss sie arbeiten - mit allen Köpfen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Was geschieht, wenn nichts geschieht? Jeder gute Coach lehrt, dass Veränderung mit solchen Fragen beginnt. Also, was geschieht, wenn bei der SPD nichts geschieht? Dann gerät sie noch mehr oder sogar wirklich endgültig in Gefahr. Denn dann geschieht etwas ungesteuert mit ihr.

In der Krise ist sie ja schon. Und die geht weiter und weiter. Deswegen trifft sich der Vorstand ja auch zur Klausur. Die wird ein „Workshop“, zum Reden, nicht zum Entscheiden. Sie werden folglich darüber reden, dass und warum die SPD an Stimmen und an Substanz verliert. Oder bestenfalls stagniert.

Da schützen auch keine 155 Jahre Tradition

Beispiel Bund: Da liegt sie mal bei 13,5 mal bei 15 Prozent. Beispiel Europawahl: Die jüngste Umfrage weist sie mit 16,5 Prozent aus – elf Punkte unter dem Ergebnis von 2014 und damit wieder, wie zuletzt bei jedem Umfrageinstitut, hinter den Grünen. Die AfD ist der SPD mit 14,5 Prozent zunehmend auf den Fersen.

Da schützen auch keine 155 Jahre Tradition. Die große Sozialdemokratie wird niemals untergehen? Sagen wir so: Die Mauer ist auch gefallen. Und es hat schon andere große Parteien erwischt, in Frankreich, in Italien. Die SPD muss sich dringend etwas einfallen lassen. Und, was fällt ihr ein?

Dieser Gedanke bisher nicht: Wer als Hüterin der Solidarität gewählt werden will, muss Solidarität üben. Jawohl, üben. Alle Genossen müssten jetzt ganz dringend solidarisch sein wollen und gemeinsam daran arbeiten, den Verfall aufzuhalten. Inhaltlich mit einer Art neuem Sozialpakt, von der Wiege bis zur Rente. Aber auch personell. Und dann muss schnell entschieden werden. Wenn nicht, wird die SPD zur Rede gestellt werden: nach neuen Niederlagen.

Die CDU hat gerade vorgemacht, wie spannend die Diskussion um Köpfe sein kann. Die Vorstandskandidaten traten auch, bis auf die Ruppigkeiten am Ende, ziemlich solidarisch auf. So wird jede Menge Energie freigesetzt.

Gute Kita, gute Bildung, gute Arbeit

Die SPD ist doch auch nicht ohne gute Leute. Franziska Giffey, Manuela Schwesig, Stephan Weil, Malu Dreyer, nicht zu vergessen (ja, doch) Sigmar Gabriel und Martin Schulz – die SPD kann auf keine Kraft verzichten. Und auf keine Idee.

Gute Kita, gute Bildung, gute Arbeit, will sagen: Politik für die Menschen. Dazu Europa als Ort der Beheimatung und die kommenden Wahlen in den Bundesländern als Ausgangspunkt für eine Annäherung an alte Stärke(n) – hier kann fündig werden, auch personell, wer ein „Narrativ“ sucht, eine gut klingende Begründung, wofür es die SPD in Zukunft doch noch braucht.

Es kann ja nicht ewig so weitergehen, noch weiter nach unten, unter 13,5 Prozent. Die Grenze kommt näher, von der an der Rückweg zur Volkspartei zu weit entfernt ist.

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