Parlamentswahl in Ungarn: Die Rechtsextremen könnten Orbans Triumph verhindern
Die Ungarn wählen am Sonntag ein neues Parlament. Viktor Orban wird wohl Regierungschef bleiben. Ob er die absolute Mehrheit schafft, könnte ausgerechnet an der rechtsextremen Partei Jobbik hängen.
Jobbik wird bei den ungarischen Wahlen nicht siegen. Aber die „Bewegung für ein besseres Ungarn“ könnte wesentlich dazu beitragen, dass Viktor Orban vielleicht doch sein Ziel verfehlt: die absolute Mehrheit. Jobbik galt lange als rechtsextreme Partei. 2010 zog sie erstmals ins Parlament ein und setzte auf antisemitische und Anti-Roma Rhetorik. Diese Zeiten sind vorbei: Jetzt nennt sie sich eine Mitte-Rechts-Partei und sieht sich in der Tradition der großen europäischen Volksparteien. Wenn die Umfragen stimmen, wird Jobbik wieder zweitstärkste Kraft.
Viele zweifeln, dass sich die Ausrichtung der Partei wirklich verändert hat. „Ich würde sagen, dass sie einen rhetorischen Wandel vollzogen hat“, meint Daniel Mikescz, Mitarbeiter am Republikon Institut ist, einer unabhängigen liberalen Denkfabrik in Budapest. 2013 entschied Jobbik-Chef Gabor Vona, dass sich die Partei wandeln müsse. Sein Parteifreund Marton Gyöngyösi, Abgeordneter des ungarischen Parlaments und außenpolitischer Sprecher von Jobbik, erklärt, die Partei sei wie ein Teenager, der nun erwachsen werde. „Wir wissen, dass wir beweisen müssen, dass wir uns verändert, dass wir gelernt haben“, gibt er zu. „Man kann nicht einfach sagen, ,Ab morgen bin ich nett’, so funktioniert es nicht.“
Selbst wenn der Kurswechsel nur Fassade sein sollte, er ist Jobbiks Antwort auf Viktor Orban. Der – ohnehin schon auf der rechten Seite des politischen Spektrums – hat sich in den vergangenen Jahren noch weiter nach rechts bewegt. Der Regierungschef, nimmt nun schon seit geraumer Zeit die Positionen ein, die einst Jobbiks Kerngeschäft waren. So war der Strategiewechsel eine Frage des politischen Überlebens.
Der neue Kurs ist in der Partei nicht unumstritten: einige Abgeordnete und Mitglieder traten aus. Vona und seine Vertrauten hätten die Seele von Jobbik verraten, sagten sie. Aber die Partei kann jetzt auch neue Anhänger in Ungarn gewinnen. Einer, der in den letzten Jahren hinzustieß, ist Koloman Brenner. Seit 2015 engagiert sich der Prodekan der Universität Budapest für Jobbik und tritt bei denen Wahlen als Kandidat an, wenn er auch kein Mitglied ist. Wegen Orbán und seinen „autoritären Tendenzen“ fühlte er sich in der Pflicht, in die Politik zu gehen, sagt Brenner.
Jobbik sei für ihn in dem Moment als politische Heimat in Frage gekommen, als die Partei ihre Position zur Europäischen Union änderte. Jobbik fordert nicht mehr den EU-Austritt, sondern will die Union von innen reformieren. Heutzutage halte sich die Partei auch mit antisemitischer und Anti-Roma-Rhetorik zurück, sagt Brenner. „Parteichef Vona hat selbst deutlich gemacht, dass er vor 2013 nicht hart durchgegriffen hatte“, sagt Brenner. „Das hat sich verändert.“
Politiker anderer Oppositionsparteien in Ungarn werden jedoch nicht mit Jobbik kooperieren, sie glauben nicht an einen echten Wandel. Viktor Szigetvari, Chef der Mitte-links-Partei Együtt, drückt es so aus: „Diese bunten Pullover, diese Smart- business-casual-Dekoration von Jobbik – mich überzeugt das nicht.“
Emily Schultheis