Durchsuchung bei Ärztefunktionären: Die Praxis der Bosse
Gegen ranghohe Kassenärzte wird wieder mal wegen Untreue ermittelt. In der Gesundheitsbranche lockt viel Geld.
Verdacht auf Untreue und beschlagnahmte Akten: Wieder wird gegen Ärztefunktionäre ermittelt. Die zuständige Staatsanwaltschaft stellte am Montag in der Zentrale der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Berlin zahlreiche Unterlagen und E-Mails sicher. Das Bundesgesundheitsministerium hatte kürzlich den Ex-KBV-Chef Andreas Köhler angezeigt. Neben seinem Monatsgehalt von rund 20000 Euro soll er – offenbar von anderen Funktionären abgesegnete – Mietkostenzuschüsse erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen elf Beschuldigte. Ein KBV-Sprecher sagte, man „kooperiere vollumfänglich“. Am Dienstag hat zudem das Berliner Arbeitsgericht entschieden, dass die KBV die Ehefrau Köhlers rechtswirksam gekündigt hatte. Sie soll als KBV-Personalchefin das Gehalt ihres Mannes zu hoch angesetzt und so gegen ihre Arbeitspflichten verstoßen haben.
KV finanziert sich indirekt aus Versichertenbeiträgen
Die KBV ist der Bundesverband der regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV): Ihnen müssen alle Ärzte angehören, die in Praxen gesetzlich Versicherte versorgen. Die einzelnen KVs verteilen Gelder der Kassen an die niedergelassenen Ärzte – und finanzieren auch ihren eigenen Verwaltungsapparat indirekt aus Versichertenbeiträgen. Im Gesundheitswesen werden bald 350 Milliarden Euro im Jahr umgesetzt. Untreue ist in der Branche nur ein Kriminalitätsphänomen. Jedes Jahr werden in Kliniken zudem tausende Fälle von Abrechnungsbetrug bekannt, also zu teuer abgerechneten Behandlungen. Ermittler und Versicherungsexperten schätzen, dass fünf bis zehn Prozent des Geldes durch Straftaten verloren geht. Betroffen sind vor allem die gesetzlichen Versicherungen, aber auch Privatkassen und der Staat, der etwa oft die Arbeit von Pflegediensten bezuschusst.
Praxen, Kliniken, Heime, Pflegedienste - überall eigene Regeln
Die meisten der 4,5 Millionen Beschäftigten im Gesundheitswesen arbeiten sehr wahrscheinlich ehrlich. In der Branche aber können Einzelne die komplexen Abrechnungsmodalitäten geschickt ausnutzen. So gelten für die bundesweit mehr als 12 000 Pflegeheime andere Vorschriften als für die 13000 ambulanten Dienste, für die rund 140000 Praxisärzte andere als für die 180000 Mediziner in den Kliniken des Landes. Die gleiche Handlung kann in einer Praxis legal, in einer Klinik aber verboten sein. So wartet man am Berliner Landgericht auf den Prozess gegen frühere Manager einer Klinikkette, denen Millionen-Betrug vorgeworfen wird. Die Klinikkette wollte im ambulanten Geschäft mitverdienen. Dazu betrieb sie Medizinische Versorgungszentren (MVZ), das sind an Kliniken angeschlossene Praxen. In Praxen aber dürfen nur Fachärzte behandeln, in Kliniken auch Assistenzärzte. In dem MVZ haben Fachärzte für Behandlungen unterschrieben, die aber von kostengünstigeren Assistenten durchgeführt worden sind. Die zuständige Berliner KV bezahlte die Behandlungen, als wären sie von Fachärzten erledigt worden und soll so geprellt worden sein.
Auch Berliner Klinikmanagern drohen Prozesse
Doch in der Berliner KV selbst sind ebenfalls Extragelder abgegriffen worden: Auch der Berliner KV-Vorstand muss sich wohl wegen Untreueverdachts vor Gericht verantworten. Die drei Funktionäre ließen sich jeweils ein Extra-Jahressalär von 183000 Euro aus der KV-Kasse auszahlen. Eine solche Prämie gibt es für die Wiederaufnahme der eigenen Praxisarbeit, die Ärzte wurden aber für eine weitere Periode in den Vorstand gewählt. Noch auf eine Anklage wartet ein bayrischer Finanzspezialist. Er saß einst im Vorstand eines Berliner Krankenhauskonzerns und soll sich von einem mutmaßlichen Dealer mit 20000 Euro bestochen lassen haben. Der polizeibekannte Mann wollte durch das Schmiergeld den lukrativen Auftrag für den Winterdienst der Kliniken ergattern.
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