Niedergang der Volksparteien: Die politische Mitte ist verwaist
Wo ist die Partei, die sich nicht nur nach rechtsaußen, sondern nach linksaußen klar abgrenzt? Die SPD ist es nicht, die CDU auch immer weniger. Eine Glosse.
Die komplizierte Vorsitzendenwahl bei der SPD ist in ihre entscheidende Phase getreten. Manche glauben ja, dass die SPD durch eine erfolgreiche Wiederbelebung von Willy Brandt zu alter Größe zurückfinden könnte. Leider ist dies unrichtig.
Wer Brandts Äußerungen zur Migrations- und Sicherheitspolitik nachliest, kommt zu dem Schluss, dass dieser tapfere Antifaschist heute eher mit einem Parteiausschlussverfahren rechnen müsste als mit der Wahl zum Vorsitzenden. Zitat aus Brandts Regierungserklärung, 1973: „Es ist notwendig geworden, dass wir sehr sorgsam überlegen, wo die Aufnahmefähigkeit unserer Gesellschaft erschöpft ist und wo soziale Vernunft und Verantwortung Einhalt gebieten.“
Als Andrea Nahles 2018 etwas Ähnliches sagte, warf ihr Kevin Kühnert vor, sie übernehme die Argumente der AfD.
Wer braucht noch die SPD?
Wo ist heute überhaupt noch im Parteienspektrum ein Platz für die SPD? Wer braucht sie? Macchiavellli würde so fragen, ein Marktforscher würde so fragen. Wer radikale Umverteilung will und Antikapitalismus, ist bei der Linken bestens aufgehoben. Wer Ökologie und Feminismus für die wichtigsten Themen hält, dem machen die Grünen ein Angebot, das die SPD nicht glaubwürdig toppen kann. Sie muss Öko und Soziales im Angebot haben, gewiss, aber sie wird da immer Nummer zwei sein.
Reise nach Jerusalem! Alle Plätze sind besetzt, einer scheidet aus. Nein, ein Platz ist frei.
Die CDU befindet sich, recht zügig, auf dem Marsch von 40 zu 25 Prozent. Sie hat sich sozialdemokratisiert, nun auch bei den Wahlergebnissen. Gerade erst hat der Fraktionsvorsitzende aus Baden-Württemberg seiner Partei vorgeworfen, sie sei „inhaltlich insolvent“. Die Union steht in den Augen von immer mehr Stammwählern für Opportunismus, Beliebigkeit und fehlenden Mut.
Es gibt keinen Bedarf für so viele linke Parteien
Ja, der Platz für eine Partei der Mitte ist verwaist. Dies wäre eine Partei, die sich nicht nur nach rechtsaußen, sondern auch nach linksaußen klar abgrenzt, was der schwammigen CDU immer weniger gelingt.
Es gibt einfach keinen Bedarf für so viele linke, ganz linke und halblinke Parteien, die alle ähnlich reden und die Einlassungen von Bloggern mit der Stimmungslage ihrer Wähler verwechseln. Eine Partei der Mitte würde sich auf die Mitte der Gesellschaft konzentrieren, auf die Arbeitenden, die unter Steuern und Zukunftsangst ächzen und sich mit ihrer Lebensweise nicht mehr geschätzt fühlen. Diese Partei hätte ein Herz, sie wäre reformistisch und nicht reaktionär. Aber sie würde Begriffe wie „Vernunft“ und „Verantwortung“, ähnlich wie Brandt, anders als Kühnert, nicht kampflos der Rechten überlassen. Das wird wohl nicht passieren. Die Mitte, in der jahrzehntelang 40 Prozent zu holen waren, will offenbar niemand mehr haben.
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