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Blumen und Kerzen sind vor einer Tankstelle aufgestellt wo ein Angestellter am Samstagabend von einem mit einer Pistole bewaffneten Mann erschossen worden.
© dpa/Birgit Reichert

Getötet, weil er auf Maskenpflicht hinwies: Die politische Dimension eines Verbrechens

Ein Mann tötet einen 20-jährigen Studenten wegen der geltenden Maskenpflicht. Ein unfassbarer Akt, vor dem seit langem gewarnt wurde. Ein Kommentar.

Noch wissen wir nicht viel über den Täter, der am Samstagabend den 20-jährigen Kassierer einer Aral-Tankstelle in Idar-Oberstein mit einem gezielten Kopfschuss fast wie bei einer einer Hinrichtung tötete. Wir wissen nicht, ob sich der 49-jährige Deutsche regelmäßig auf dem Messengerdienst Telegram bewegte oder ob er in der Vergangenheit mit der „Querdenken”-Bewegung demonstrierte. Doch was wir wissen, reicht, um von einer politischen Dimension dieses abscheulichen Verbrechens auszugehen.

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Laut Polizei wollte der spätere Täter am Samstagabend ein Sixpack Bier in der Tankstelle kaufen. Er trug keine Maske, eine 20-jährige Aushilfskraft an der Kasse wies ihn auf die geltende Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung hin und verweigerte ihm die Warenausgabe. Etwa anderthalb Stunden später ist der Kassierer tot. Gezielt erschossen, mitten in den Kopf.

Am nächsten Tag stellt sich der mutmaßliche Mörder der Polizei. Seine spätere Aussage lässt einen fassungslos zurück: Aus Wut über die Zurückweisung wegen der fehlenden Maske zuvor habe er zuhause seine Waffe geholt und dann in der Tankstelle „ohne zu zögern abgedrückt”. „Er wollte ein Zeichen setzen”, da ihn die Corona-Situation „sehr belaste”, soll er ausgesagt haben.

Opfer tat nur seinen Job und setzte geltende Maskenpflicht durch

Sein Opfer ist ein junger Student, ein Kassierer, der nichts anderes tat, als seinen Job zu machen: die geltende Maskenpflicht durchzusetzen. Schon zu Hochzeiten der Pandemie kämpften Kassierer und Supermarktmitarbeiter ähnlich wie Pflegekräfte an der vordersten Front.

[Mehr zum Thema: „Er liebt Krieg, er liebt den Kampf“ - Vertrauter von Attila Hildmann packt aus (T+)]

Während viele andere in diesem Land im Homeoffice die Lockdown-Monate überwinterten, stellten sie sich den Hamsterkäufern, setzten sich gesundheitlichen Risiken aus und wurden immer wieder mit dem Hass der Unbelehrbaren konfrontiert, die sich nicht an die geltenden Maßnahmen halten wollten. Die fehlende Wertschätzung für diese Jobs in Zeiten von Covid19 macht den Tod des Studenten aus Rheinland-Pfalz fast noch tragischer.

Dass ein 20-jähriger für das Hinweisen auf die Maskenpflicht mit seinem Leben bezahlt, muss aufrütteln. Seit einem Jahr warnen Experten und Journalisten vor der drohenden Gefahr durch die sich stetig radikalisierende Pandemieleugner-Szene. Lange ignorierten Politik und Sicherheitsbehörden die teils eindeutigen Signale.

Blanker Hass unkontrolliert über Telegram verbreitet

Noch immer können die Stars der Bewegung, wie der ehemalige AfD-Politiker Heinrich Fiechtner ihren blanken Hass unkontrolliert über Telegram verbreiten. Die aktuellen Corona-Maßnahmen seien „ein Anlass, an Stauffenberg zu denken und an das, was er gemacht hat oder machen wollte, um den Bürgern wieder Freiheit zu schaffen und sie von dieser Tyrannei zu befreien”, sagte der rechtextreme Aktivist im August in Berlin.

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Oder Michael Schele, einer der führenden Querdenker Nordrhein-Westfalens, der erst wieder in die Hauptstadt kommen will „wenn Merkel öffentlich hingerichtet, gevierteilt und ausgeweidet wird”, wie er via Telegram mitteilt. Grenzenloser Hass, innerhalb von Sekunden abrufbar, von niemandem eingeschränkt und der perfekte Nährboden für die Radikalisierung der Szene.

Es ist bezeichnend, dass in den vergangenen drei Fernseh-Triellen der Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl nur wenige Minuten über die drohende Gefahr von Querdenken und Rechtsextremisten geredet wurde. Letztlich war es eine Frage der Zeit, bis in Deutschland der erste Mensch stirbt, weil andere „unzufrieden” mit den Corona-Maßnahmen sind. Wir sind es den Angehörigen und Freunden des Opfers schuldig, das Thema wieder auf die Tagesordnung zu setzen.

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