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Der russische Präsident Wladimir Putin mit Altkanzler Gerhard Schröder bei einem Treffen 2014.
© imago images/ITAR-TASS

Putins Brückenbauer: Die peinliche Stille um Altkanzler Schröder in der SPD

Nach heftiger Kritik an Schröders Engagement in Russland ist das Thema aus der Öffentlichkeit verschwunden. Der Fall läuft im Hintergrund weiter. Ein Kommentar.

Lange nichts gehört von Altkanzler Gerhard Schröder. Also, mal nachfragen, oder? Anruf im Bundestag, dort ist sein Büro angesiedelt. Die Zentrale versucht zu verbinden. Der Ruf geht ins Leere. Mehrmals. Wichtige Mitarbeiter haben ja auch schon gekündigt.

Überhaupt: Stille. Verzichtet er denn nun auf seine Posten bei russischen Staatsunternehmen? Konkret geht es um Jobs bei den Erdgas-Pipeline-Unternehmen Nord Stream 1 und 2, außerdem beim russischen Ölkonzern Rosneft, wo Schröder Aufsichtsratschef ist. Darüber hinaus soll er einen Aufsichtsratsposten für Gazprom übernehmen.

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SPD-Chef Lars Klingbeil und Co-Vorsitzende Saskia Esken hatten Schröder einen harten Brief dazu geschrieben; und Klingbeil hatte Anfang März erklärt, man erwarte eine „zeitnahe“ Antwort.

Lange nichts gehört. Die Parteiführung, an der Spitze Klingbeil, früher Schröders Mitarbeiter, hüllt sich in vielsagendes Schweigen. Aussagekräftig genug ist wohl, dass der Fall im Hintergrund weiterläuft. Derzeit ist ein Parteiordnungsverfahren gegen Schröder abhängig. Einige Gliederungen verlangen seinen Ausschluss.

„Wir alle hätten uns gewünscht, dass sich Gerhard Schröder spätestens mit Kriegsbeginn auf die richtige Seite der Geschichte stellt. Er hat sich für die falsche Seite entschieden“, hat Klingbeil vor einiger Zeit gesagt. An Schröders Seite stellt sich: niemand. Keiner aus der aktuellen Führungsriege, keiner von denen, die ihm ihre Karriere zu großen Teilen mit zu verdanken haben. Anfragen bei einigen, ob sie sich vielleicht um den Menschen, nicht den Politiker Schröder sorgen, laufen: ins Nichts.

Die Stille entspricht der Leere um Schröder herum

Kritik an Schröder nimmt unterdessen zu. Der - selbst vielkritisierte - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach steht in diesem Fall wohl für die große Mehrheit in der SPD: Er empfindet Schröders Verhalten als an der Grenze zur Peinlichkeit und nennt die Vermittlungsversuche im Ukraine-Krieg naiv.

„Also wenn jemand wie Putin einen Krieg macht, da wird er nicht sagen: Oh Gerd, jetzt, wo du das sagst, ich denk nochmal drüber nach, vielleicht mach ich jetzt hier mal langsam“, sagte Lauterbach etwa in der ARD-Dokumentation „Konfrontation“. Ihm habe Schröder „leid getan“.

Das wäre sogar noch die bessere Variante für den Altkanzler: dass er den Genossen, ja den Deutschen inzwischen eher leid tut. Denn die Stille entspricht der Leere um Schröder herum.

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