Hartes Urteil über den Altkanzler: Lauterbach sieht Schröder „an der Grenze zur Witzfigur“
Die Vermittlungsversuche Schröders im Ukraine-Krieg seien naiv und fast peinlich gewesen, sagt Lauterbach. Der Begriff „Fremdschämen“ falle ihm dazu ein.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Vermittlungsversuche von Altkanzler Gerhard Schröder im Ukraine-Krieg als naiv bezeichnet. „Also wenn jemand wie (Russlands Präsident Wladimir) Putin einen Krieg macht, da wird er nicht sagen: 'Oh Gerd, jetzt, wo du das sagst, ich denk nochmal drüber nach, vielleicht mach ich jetzt hier mal langsam'“, sagte Lauterbach in der ARD-Dokumentation „Konfrontation“, die am Montagabend ausgestrahlt wurde.
„Mir hat Gerhard Schröder offen gesagt leid getan. Weil er hier eine Naivität an den Tag gelegt hat. Der ganze Auftritt grenzte ans Peinliche. Fremdschämen ist ein Begriff, der einem da in den Kopf kommt“, so Lauterbach.
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Schröder steht seit Jahren wegen seines Engagements für russische Staatskonzerne in der Kritik - vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine nimmt der Druck auf ihn immer weiter zu. Anfang März reiste der Altkanzler nach Moskau, wo er mit Putin sprach. Berichten zufolge soll er in Istanbul auch eine ukrainische Delegation getroffen haben. Die SPD-Führung hat Schröder ultimativ aufgefordert, seine Posten bei russischen Staatsunternehmen niederzulegen.
„Ich habe ihn mal sehr geschätzt, das ist aber schon lange her. Er war wirklich ein Altkanzler, der viel aus dem, was er gemacht hat, als Staatsmann hätte machen können - aber er hat quasi alles verloren“, sagte Lauterbach über Schröder. „Ihm ist es gelungen, als Altkanzler jetzt an der Grenze zu einer Witzfigur unterwegs zu sein.“ Von seinem früheren Prestige sei nichts übrig geblieben. „Man wird ihn nicht als Kanzler in Erinnerung haben - sondern als jemanden, der zum Schluss an der Grenze zum Lächerlichen unterwegs war“, so Lauterbach.
SPD-Spitze hat noch keine Antwort von Schröder
Schröder ignoriert offenbar weiterhin die Forderung seiner Parteispitze, seine beruflichen Aktivitäten bei russischen Energiekonzernen aufzugeben. Auf eine Interviewfrage von „t-online.de“, ob der entsprechende Brief von Schröder beantwortet worden sei, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil: „Nein, bisher nicht“, wie das Portal am Dienstag berichtete.
Klingbeil und die Ko-Vorsitzende Saskia Esken hatten Schröder nach Angaben von Anfang März per Brief aufgefordert, seine Mandate für russische Konzerne niederzulegen. Hintergrund war der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Vor weiteren möglichen Schritten der Parteispitze solle Schröders Antwort abgewartet werden, hieß es damals.
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„Wir alle hätten uns gewünscht, dass sich Gerhard Schröder spätestens mit Kriegsbeginn auf die richtige Seite der Geschichte stellt“, sagte Klingbeil nun „t-online.de“. „Er hat sich für die falsche Seite entschieden.“ Esken sagte dem Portal, Schröder agiere „nicht wie ein Altkanzler, sondern wie ein Geschäftsmann“.
Mehrere Orts- und Kreisverbände der SPD haben bereits Parteiordnungsverfahren gegen Schröder angestoßen mit dem Ziel, ihn auszuschließen. Wann hier eine Entscheidung fallen könnte, ist offen. (dpa, AFP)