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Präsident Tayyip Erdogan fühlt sich von mehreren Ländern übergangen.
© Yves Herman/REUTERS

Streit um Erdgas im Mittelmeer: Die nächste Bewährungsprobe für die Türkei und die EU

Die Türkei hat mit mehreren Ländern Ärger um Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer. Das könnte die Beziehung zur EU weiter verkomplizieren.

Der lange schwelende Streit um Erdgasvorkommen unter dem Meeresboden könnte neuen Ärger zwischen der Türkei und Europa verursachen. Ankara beansprucht ein Mitspracherecht im östlichen Mittelmeer, wo Griechenland, Zypern, Israel und Ägypten große Erdgasfelder ausbeuten wollen.

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Die vier Länder, die alle Probleme mit der Türkei haben, wollen das Gas durch eine Pipeline nach Europa schicken – unter Umgehung der Türkei. Ankara sucht seit Monaten mit eigenen Schiffen nach Gas und lässt seine Erkundungsschiffe von Kriegsschiffen begleiten.

Im Januar hatte sich Frankreich der Allianz gegen die Türkei angeschlossen. Nun kommen auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hinzu. Bei einer Telefonkonferenz am Montag kritisierten die Außenminister von Griechenland, Zypern, Ägypten, Frankreich und der VAE das Verhalten Ankaras als „illegal“.

Bemühungen um eine Entspannung im problembeladenen Verhältnis zwischen der Türkei und der EU dürften angesichts der wachsenden Spannungen noch schwieriger werden. Die Beziehungen zwischen Ankara und Brüssel waren zuletzt im März in eine Krise geraten, als die türkische Regierung tausende Migranten an die Landgrenze mit Griechenland schickte, um die EU unter Druck zu setzen. Inzwischen ist die Grenze wieder geschlossen.

Im Erdgasstreit in Mittelmeer sieht die Türkei die eigenen Interessen und die der türkischen Zyprer verletzt. Präsident Recep Tayyip Erdogan schloss deshalb voriges Jahr ein umstrittenes See-Abkommen mit der libyschen Einheitsregierung, in dem Teile der gasreichen Seegebiete zu türkischen Hoheitsgewässern erklärt wurden. Die Gegner der Türkei erkennen den Vertrag nicht an. Nicht nur wegen des See-Abkommens vermischt sich der Gasstreit immer mehr mit dem Libyen- Konflikt.

Erdogans militärischer Beistand für die Einheitsregierung hat die Eroberung der Hauptstadt Tripolis durch den Rebellengeneral Chalifa Haftar verhindert, der von Ägypten, den VAE und Frankreich unterstützt wird. Die VAE seien für Chaos und Instabilität in der ganzen Region verantwortlich, schimpfte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Die VAE und ihr Bündnispartner Saudi- Arabien bilden mit weiteren regionalen Verbündeten einen Block gegen die Türkei und das Emirat Katar.

Auch Libyen und Syrien spielen eine Rolle

In den vergangenen Tagen hatte die Türkei angedeutet, dass sie künftig nicht nur über Waffenlieferungen an Haftars Gegner, sondern auch direkt in den Krieg in dem nordafrikanischen Land eingreifen könnte. Anlass waren unter anderem Angriffe auf den Flughafen in der Hauptstadt, dem Hauptquartier der türkischen Drohneflotte in Libyen.

Dagegen warnten Griechenland, Zypern, Ägypten, Frankreich und die VAE, die Türkei gefährde mit ihrem Verhalten in Libyen die regionale Stabilität. Das Quintett verurteilte zwar die „militärische Einmischung der Türkei in Libyen“, erwähnte die Militärhilfe der VAE für Haftar aber nicht.

Um die Front gegen die Türkei weiter zu stärken, bereitet Griechenland inzwischen eine Normalisierung seiner Beziehungen zu Syrien vor. Das griechische Außenministerium ernannte die frühere griechische Botschafterin in Damaskus zur neuen Syrien-Beauftragten. Die Ernennung sei Teil der griechischen Bemühungen um eine aktivere Rolle im östlichen Mittelmeer, verlautete nach griechischen Medienberichten aus diplomatischen Kreisen. Der syrische Machthaber Baschar al Assad ist ein Erzfeind Erdogans.

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