zum Hauptinhalt
Petra Köpping (SPD), Sachsens Integrationsministerin.
© Robert Michael/zb/dpa

SPD-Kandidatin Petra Köpping: „Die Lust an Gewalt gab es früher nicht“

Petra Köpping will SPD-Chefin werden. Jetzt hat sie per E-Mail Morddrohungen erhalten. Im Interview erklärt sie, wie sie damit umgeht.

Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping bewirbt sich gemeinsam mit ihrem Kollegen Boris Pistorius, Niedersachsens Innenminister, um die SPD-Spitze. Beide hatten am Freitag ihre Kandidatur angekündigt. Am Mittwochabend wurde bekannt, dass in Köppings Bürgerbüro E-Mails mit Morddrohungen eingegangen sind.

Frau Köpping, in dieser Woche haben Sie Morddrohungen per E-Mail erhalten. Wie gehen Sie damit um?
Ich kenne Bedrohungen und Schmähungen aus meiner Zeit als Bürgermeisterin und Landrätin, denn in jedem Ort gibt es wohl jemanden, der sich über alles geärgert hat, was Politiker tun und sagen. Aber mittlerweile hat es eine neue Dimension erreicht. Diese Offenheit an Aggression und die spürbare Lust an Gewalt gab es früher nicht.

Warum ist vor allem der Rechtsextremismus in Sachsen so stark?
Dafür gibt es viele Gründe. Zum einen liegt es daran, dass schon zu DDR-Zeiten der Nationalsozialismus ungenügend aufgearbeitet wurde. Es hat aber auch soziale Gründe: Wer keine Perspektive hat, gerät leichter den Rattenfängern von NPD und Co in die Fänge. Damit Sie mich klar verstehen: Hass und Rassismus sind nicht zu entschuldigen. In Sachsen wurde da tatsächlich zu lange zu wenig dagegen getan. Dass unser Bundesland dazu oft - auch in den Medien - pauschal ins braune Eck gestellt wird, hilft aber auch nicht.

Sie wollen als Bewerberin für den SPD-Vorsitz „eine starke Stimme aus dem Osten“ sein. Machen Sie Identitätspolitik für Ostdeutsche?
Nein, überhaupt nicht. Nur wird Politik bislang zu sehr aus westdeutscher Perspektive betrieben. Dabei hat auch der Osten viel beigetragen in der Vergangenheit. Schauen Sie mal, wie viele Frauen heute arbeiten, das war 1990 noch ganz anders. Oder nehmen Sie den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Beides geht auf ostdeutsche Politik zurück. Aber natürlich kann auch der Osten vom Westen lernen.

Was zum Beispiel?
Die Westdeutschen haben mehr Erfahrung mit demokratischer Teilhabe. Das fehlt in Ostdeutschland zunehmend. Seit 1990 haben 700.000 Sachsen ihre Heimat verlassen – eine ganze Generation ist weg. Diese Menschen fehlen nicht nur der Wirtschaft, sie fehlen auch der Demokratie.

Die Sachsen-SPD liegt in Umfragen unter zehn Prozent. Bei der Landtagswahl 2014 haben Sie 12,4 Prozent geholt. Fürchten Sie nicht, dass Ihnen die Schwäche Ihres Landesverbands die Chancen auf den Parteivorsitz verderben könnte?
Nein. Und um das klar zu sagen: Ich habe mir auch nicht extra jemand aus einem stärkeren Landesverband gesucht, um mit ihm anzutreten. Ich habe mich nicht gefragt: Wer beschert mir den Sieg? Ich kandidiere zusammen mit dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius, weil wir viel gemeinsam haben, eine ähnliche Laufbahn. Wir kommen beide aus der Kommunalpolitik, waren Bürgermeister, nicht viele Minister haben diese Erfahrung und Wurzeln an der Basis.

War Ihnen die bisherige SPD-Führung zu abgehoben?
Das möchte ich nicht behaupten. Aber ich glaube schon, dass man bei jedem Gesetz, das man in Berlin beschließt, immer im Blick behalten muss, was bei den Bürgern rauskommt. Im Landtag ist das gleiche. Auch dort fehlt vielen die Erfahrung aus der Kommunalpolitik. Deshalb will ich auch in Sachsen bleiben, wenn ich zur SPD-Chefin gewählt werde – um meine Verwurzelung an der Basis nicht zu verlieren.

Wie wollen Sie als Vorsitzende den Niedergang der SPD stoppen?
Mein Ziel ist, die SPD wieder zu einer Partei der Mitte zu machen. Wir dürfen uns nicht nur auf Einzelinteressen konzentrieren. Wenn wir nur Facharbeiter ansprechen, verlieren wir die Akademiker - und umgekehrt. Stattdessen müssen wir Brücken bauen, zwischen arm und reich, Stadt und Land, aber auch zwischen den politischen Lagern. Wer soll das sonst machen, wenn nicht die SPD?

Mit Olaf Scholz bewirbt sich ein Genosse aus der ersten Reihe um den Vorsitz. Zusammen mit Klara Geywitz aus Brandenburg stellt er ein Ost-West-Duo. Wie finden Sie die beiden?
Olaf Scholz ist ein absoluter Kenner des politischen Geschäfts auf allen Ebenen, vom Ersten Bürgermeister in Hamburg bis in alle Bereiche der SPD. Er ist ein toller Kandidat. Über Klara Geywitz kann ich leider nichts sagen, wir kennen uns nicht.

Zur Startseite