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Taugt nach Ansicht der Autorin nicht als Wahlkampfhit: das Lastenrad.
© dpa

Für den Kulturkampf ungeeignet: Die Lastenrad-Debatte lebt vom Popcorn-Faktor

Es geht um eine Milliarde Euro, und das reicht schon für herrliche Aufregung. Über das Lastenrad in Wahlkampfzeiten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Karin Christmann

Der letzte Bissen Currywurst, Wolfsburger Art, ist gerade erst verdaut, da braust die nächste Debatte um die Ecke: Es geht ums Thema Lastenrad. Der grüne Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler möchte, dass der Bund 1000 privat genutzte Lastenfahrräder mit je einer Million Euro Zuschuss fördert – oder war es umgekehrt?

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Auf jeden Fall würde am Ende eine Milliarde Euro ausgegeben, und das reicht doch schon als Anlass für herrlichste Aufregung. Von „Klientelpolitik“ spricht Christian Dürr, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion.

„Wir werden das Weltklima nicht retten, indem wir Lastenräder in Berlin-Kreuzberg bezuschussen“, sagt Dürr außerdem und vergisst nur zu erwähnen, dass die Durchschnitts-Kreuzbergerin ihr Lastenrad selbstverständlich unter gleichzeitigem Schlürfen eines Sojamilch-Latte durch den Stadtverkehr navigiert.

Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali sagt der „Welt“, in den ländlichen Regionen würden Lastenräder „praktisch niemandem“ helfen. Und CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schreibt auf Twitter, die Vorschläge der Grünen würden „immer abstruser und weltfremder“.

So weltfremd ist die Idee, dass Ähnliches längst umgesetzt wird. Zum Beispiel im Verantwortungsbereich von Ziemiaks Parteikollegen Peter Altmaier, nämlich durch das Bundeswirtschaftsministerium, das Investitionen in E-Lastenfahrräder und E-Lastenanhänger für die gewerbliche Nutzung mit bis zu 2500 Euro pro Fall bezuschussen lässt. In den Ländern und Kommunen gibt es viele weitere Förderprogramme, die teils auch Privatleute nutzen können.

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Das spräche noch nicht dagegen, das Thema zur Polarisierung im Wahlkampf zu nutzen. Und doch ist das öffentliche Interesse wohl eher dem Popcorn-Faktor der Debatte geschuldet, als dass das Lastenrad als solches jenseits von Twitter echtes Aufregerpotenzial hätte.

Noch am späten Sonntagabend twitterte Jan Fleischhauer, Journalist, Kolumnist und der Nähe zu den Grünen seit Jahrzehnten verlässlich unverdächtig, ein Foto von sich als Fahrer eines Lastenrads, lächelnd und entspannt.

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Sein Kommentar dazu war wohl eher nicht zwecks Beruhigung aufgeregter Gemüter verfasst: „Wer 1000 Euro von den Grünen braucht, um dabei zu sein, ist ein Loser.“ Und doch zeigt das Foto beispielhaft: Das Lastenrad taugt besser zum Transport von Wocheneinkäufen, Kindern oder Handwerkerausrüstung denn als Objekt vermeintlicher Kulturkämpfe.

Umgekehrt gilt: Mit einem Förderprogramm für Lastenräder sind die Probleme der ländlichen Räume noch längst nicht gelöst. Aber das hat ja auch niemand behauptet.

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