Einwanderung in die USA: Die Krise an der Grenze zu Mexiko
Immer mehr Familien versuchen, über Mexiko illegal in die USA einzureisen. Der US-Grenzschutz spricht von einer "humanitären Krise" und warnt vor Überlastung.
Diese Nachrichten haben es in sich. Mit "An der Grenze der Belastbarkeit" betitelt die liberale "New York Times" einen Bericht über die stark angestiegene Zahl zentralamerikanischer Migranten, die illegal über die mexikanische Grenze in die USA einreisen. Nach Angaben der US-Grenzpolizei wurden im Februar rund 76.100 Migranten nach ihrer Einreise aus Mexiko auf amerikanischem Gebiet gestoppt. Das ist die höchste monatliche Zahl seit Oktober 2013 – und befeuert die Debatte, ob US-Präsident Donald Trump nicht doch recht hat mit seinem Vorhaben, die amerikanische Südgrenze besser zu schützen.
Trump will gegen die illegale Einwanderung eine Mauer an der Grenze zu Mexiko errichten lassen, was die Demokraten rundherum ablehnen. Der Kongress verweigerte dem Präsidenten die gewünschten Mittel. Um die Mauer, eines seiner zentralen Versprechen im Wahlkampf, doch noch zu finanzieren, rief Trump im Februar den Notstand aus, ein Schritt, der auch in der eigenen Partei umstritten ist.
So kündigten bislang vier republikanische Senatoren an, mit den oppositionellen Demokraten für eine Resolution gegen die Notstandsdeklaration zu stimmen, mit der der Präsident Mittel aus anderen Haushaltsposten für den Mauerbau abzweigen will. Machen sie das wirklich, wäre Trump gezwungen, das erste Mal in seiner zweijährigen Amtszeit sein Veto-Recht in Anspruch zu nehmen.
Viele Familien und unbegleitete Minderjährige
Durch die neuen Zahlen wird der Präsident sich bestätigt fühlen. Genauso wie durch die Warnungen des US-Grenzschutz-Chefs Kevin McAleenan, der von einer "humanitären" Krise und einer Krise der "nationalen Sicherheit" sprach und erklärte, der Andrang überfordere die Grenzschutzbehörden und Einrichtungen. Das System sei "an der Grenze der Belastbarkeit".
Dabei ist es interessant zu schauen, wer da eigentlich einreist. Kamen früher vor allem Männer, wuchs zuletzt die Gruppe der Familien und Kinder besonders stark. Die Grenzpolizei zählte unter anderem rund 6800 unbegleitete Minderjährige, die sich bei den Behörden meldeten, um Asyl zu beantragen. Die meisten Zuwanderer stammten aus den zentralamerikanischen Staaten Guatemala, Honduras und El Salvador.
Sie fliehen vor Hunger und Gewalt in ihren Heimatländern. Insbesondere die wachsende Zahl an Familien und Kindern, die in "größeren Gruppen und in abgelegeneren Gegenden" über die Grenze kommen, sei eine "Herausforderung" für den Grenzschutz, sagte McAleenan. Mehr als 70 Gruppen von jeweils mehr als 100 Flüchtlingen hatten die Grenze vergangenen Monat überquert.
Der Zuwachs ist ungewöhnlich für Februar, dem kältesten Monat in der Grenzregion. In der Regel geht da die Zahl der illegalen Einreisen zurück. In den drei vorhergehenden Monaten hatte die durchschnittliche Zahl der illegalen Migranten bei rund 61.000 gelegen. Der außergewöhnliche Anstieg dürfte auch mit den jüngsten Flüchtlingstrecks aus Zentralamerika zusammenhängen, mit denen Trump im Dezember und Januar den teilweisen Regierungsstillstand begründet hatte.
Im Jahr 2000 wurden 1,64 Millionen illegale Migranten aufgegriffen
Die neuen Zahlen lassen sich nun unterschiedlich verwenden. Die eine Seite verweist darauf, dass Trumps Plan, die illegale Einwanderung einzudämmen, nicht aufgehe. Die US-Regierung hatte zuletzt die Asylregeln verschärft. Migranten, die unerlaubt die Grenze überquerten, sollen nun zurück nach Mexiko geschickt werden und dort auf die Entscheidung der amerikanischen Behörden über ihre Asylanträge warten. Dies kann bis zu zwei Jahre dauern – und soll eigentlich abschrecken. Doch verglichen mit Februar 2017, dem ersten Monat, der vollständig in Trumps Amtszeit fiel, verdreifachte sich nun die Zahl der illegalen Zuwanderer.
Auf der anderen Seite wird Trump nun noch vehementer darauf pochen, dass es tatsächlich eine Krise an der Grenze gebe, die die Demokraten im Kongress einfach nicht wahrhaben wollten. Und diese Krise stelle einen "Notstand" dar. Dass der oberste Grenzschützer vor allem von einer "humanitären Krise" sprach, wird den Präsidenten nicht weiter stören. Der Druck auf die Opposition, über einen verstärkten Grenzschutz zu diskutieren, wächst damit.
Bei allen dramatisch klingenden Schlagzeilen: Die "New York Times" verweist in ihrer Berichterstattung auch darauf, dass die nun veröffentlichten Zahlen zwar höher seien als in den vergangenen Jahren – "aber weit entfernt von einem historischen Höchststand". Der wurde im Jahr 2000 erreicht, als an der Grenze 1,64 Millionen Menschen aufgegriffen wurden, die versucht hatten, illegal in die USA einzureisen. Im vergangenen Jahr waren es lediglich 396.579.