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Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht sich vehement für das Pariser Klima-Abkommen aus.
© Reuters

Nach US-Ausstieg aus Pariser Abkommen: Die Koalition der Klima-Willigen

Nach dem Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen muss Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem G-20-Gipfel in Hamburg die Befürworter des Pariser Abkommens zusammenhalten.

Man wird sich den Tag merken müssen, an dem Amerika seine alten Verbündeten verlor. Am Freitag steht Angela Merkel im Foyer des Kanzleramts und lässt ihrer Enttäuschung Lauf. „Äußerst bedauerlich“ sei Donald Trumps Rückzug vom Pariser Klimaabkommen, „und damit drücke ich mich noch sehr zurückhaltend aus.“ Vom Umweltministerum bis ins Kanzleramt hat Merkel der zähe Kampf gegen die Klimakatastrophe beschäftigt. Dass der US-Präsident ihn mal eben beiseite wischt, macht sie fassungslos.

„Wir brauchen dieses Pariser Abkommen, um unsere Schöpfung zu bewahren“, sagt Merkel und beschwört die „Zukunft unseres Planeten“ – große Worte aus dem Mund einer sonst so Nüchternen. Sie richten sich weniger an Trump, der auf dem Ohr eh taub ist, als an den Rest der Welt. Merkel fällt als Gastgeberin des G-20-Gipfels in fünf Wochen die Aufgabe zu, das Gegenbild zur Austrittsshow vorm Weißen Haus zu organisieren. Sie muss in Hamburg die Koalition der Willigen zusammenhalten. „Lassen Sie uns den Weg gemeinsam weitergehen, damit wir erfolgreich sind für unsere Mutter Erde,“ bittet Merkel.

Am Tag danach erscheint das fast überflüssig. Die Empörung ist so einhellig wie die Schwüre, trotzdem die Ziele und Selbstverpflichtungen des Paris-Vertrags einzuhalten. „Beim Klima gibt es keinen Plan B, weil es keinen Planeten B gibt“, sagt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in einem emotionalen Video-Appell. China und Indien bekräftigen ihre Zusagen. Die pazifischen Inselstaaten, vom Anstieg der Meeresspiegel in der Existenz bedroht, sehen sich von Trump verlassen. Selbst ein erklärter Fan von Trumps Nationalismus wie Ungarns Regierungschef Victor Orban erklärt: „Ich stehe unter Schock.“ Die Erderwärmung lasse sich nur global bekämpfen.

Dass sie sich auf Trumps vergiftetes Angebot nicht einlassen wollen, den Klimavertrag neu zu verhandeln, hatten die drei EU-Führungsmächte Deutschland, Frankreich und Italien schon in der Nacht in einer gemeinsamen Reaktion erklärt. Da gelte das Gleiche wie beim Brexit, heißt es in der Bundesregierung: Jeder Versuch, sich einen „besseren Deal“ zu erpressen, würde das ganze Vertragswerk gefährden. „Es wird nicht der Rückwärtsgang bei der Energiewende eingelegt“, bekräftigt Kommissionschef Jean- Claude Juncker denn auch in Brüssel beim EU-China-Gipfel. „Es gibt kein Zurückweichen beim Pariser Abkommen.“

Wirtschaftsvertreter warnen vor Wettbewerbsvorteilen für US-Firmen

Doch so einhellig diese Haltung erscheint, so gefährdet ist sie. In Moskau erinnert Präsident Wladimir Putin daran, dass sein Land den Vertrag noch gar nicht ratifiziert habe wegen offener Fragen an die Umsetzung. Dass Putin zugleich bekräftigt, er werde sich weiter um eine Verbesserung des Verhältnisses zu den USA bemühen, weist darauf hin, dass es sich der Russe mit dem neuen Wunschfreund im Weißen Haus nicht verderben will.

Schon warnen zudem Wirtschaftsvertreter vor Wettbewerbsvorteilen für US- Firmen, die sich nicht mehr an Klimaauflagen halten müssten. „Es wäre falsch, nun die eigenen Reduktionsziele weiter zu verschärfen“, erklärt Industriepräsident Dieter Kempf. Matthias Wissmann, Chef des Automobilverbands, fordert sogar kaum verhohlen Abstriche: „Die bedauerliche Ankündigung der USA macht es unvermeidlich, Kosteneffizienz und Wirtschaftlichkeit der Klimapolitik auch in Europa zu gewährleisten.“

Merkel und ihre europäischen Mitstreiter wissen, dass von dieser Seite der Druck auf sie wachsen wird. Und um die Ecke lauert gleich als Nächstes der Ruf nach Vergeltungsmaßnahmen. Der SPD- Kanzlerkandidat Martin Schulz hatte schon am Donnerstag laut über Handelsbeschränkungen für US-Produkte nachgedacht, die nicht nach „unseren Standards“ produziert würden und deshalb billiger wären.

Die größte Gefahr sehen die Europäer aber darin, dass Trumps Umgang mit dem Klimapakt nur der Anfang ist. Sein „America first“, lautet die Analyse im Kanzleramt, entpuppe sich zusehends als „America only“, als kurzsichtiger Raffzug gegen das Prinzip von Geben und Nehmen, ohne das keine internationale Zusammenarbeit funktioniert. Merkel deutet den Punkt an: Der Klimavertrag sei „einer der Grundpfeiler der Zusammenarbeit der Länder der Welt“. Der Franzose Macron spricht das Prinzip aus. „Wir teilen alle die gleiche Verantwortung“, betont er in seiner Ansprache, die er durchweg auf Englisch hält: „Make our Planet great again!“

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