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Aufreger: Bundesinnenminister Horst Seehofer inmitten seiner rein männlichen Führungscrew.
© Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat/dpa

Politik und Geschlecht: Die Innenministerien sind Männerbastionen

Im Bund wie in den Ländern sind die Innenministerien von Männern beherrscht. Und wie sieht es in anderen Politikbereichen aus? Gibt es auch weibliche Domänen? Ein Überblick.

Das Bild hat für Furore gesorgt: Horst Seehofer mit seinem achtköpfigen Staatssekretärsteam – allesamt Männer. Man muss sich aber nicht wundern. Denn das Ressort für Inneres, also im Wesentlichen die innere Sicherheitspolitik, mit Zuständigkeit nicht zuletzt für Polizei und Verfassungsschutz, scheint so etwas zu sein wie die letzte Männerbastion im politischen Betrieb der Bundesrepublik. Der CSU-Chef hat, so gesehen, also nur systemkonform gehandelt, als er alle Posten in seinem Leitungsteam mit Männern besetzte. Eine Frau an der Spitze des Bundesinnenministeriums hat es noch nie gegeben, seit mit Gustav Heinemann 1949 die Reihe der Ressortchefs begann.

Kommt es, weil offenbar, jedenfalls seit dem Ende der sozialliberalen Ära, ein besonders konservativer Typ mit härterer Linie gefragt war? Wie ihn die Innenminister Friedrich Zimmermann, Wolfgang Schäuble, Manfred Kanther, Otto Schily oder Thomas de Maizière verkörperten? Immerhin: Unter de Maizière gab es bis zum Amtswechsel eine beamtete Staatssekretärin: Emily Haber. Die auch eine Vorgängerin hatte, nämlich Cornelia Rogall-Grothe. In der rot-grünen Ära hatte das Ministerium auch zwei parlamentarische Staatssekretärinnen. Als beamtete Staatssekretärin wirkte einige Jahre die spätere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Auch in den Ländern ist das Amt des Innenministers eine reine Männerdomäne. Es gibt derzeit keine weiblichen Innenminister, auch dort nicht, wo SPD, Linke und Grüne in den Regierungen sind. SPD-Innenminister sind ohnehin seit einiger Zeit ebenfalls eher vom Typ klare Kante. Der FDP hat man schon seit vielen Jahren keinen Innenministerposten mehr überlassen (während vor allem in den Siebzigerjahren Hans-Dietrich Genscher oder Gerhart Baum im Bund und Burkhart Hirsch oder Ekkehard Gries in den Ländern tatsächlich für so etwas wie liberale Innenpolitik standen). Einzige Ausnahme: Ingo Wolf im Kabinett von Jürgen Rüttgers in Nordrhein-Westfalen nach 2005. Überhaupt hat es nur zwei Innenministerinnen in der Geschichte der Bundesrepublik gegeben, beide im Saarland: Zum einen Annegret Kramp-Karrenbauer, von 2000 bis 2004 (ein Grund, weshalb man auf die Frau schon achten muss, wenn es um Angela Merkels Nachfolge geht), und dann Monika Bachmann von 2012 bis 2014, ebenfalls eine CDU-Politikerin.

Bundeskabinett ist ausgewogen

Und gibt es noch andere Männerdomänen? Und haben sich mittlerweile so etwas wie Frauendomänen in der Politik entwickelt? Bundes- wie Landesregierungen bemühen sich zwar, die Geschlechterausgewogenheit einigermaßen zu erreichen. Im neuen Bundeskabinett sitzen sieben Frauen und neun Männer, wenn man die Kanzlerin etwas stärker gewichtet, könnte man also fast von politischer Parität reden. Bei den Parlamentarischen Staatssekretären sind jedoch nur 13 der 35 Posten mit Frauen besetzt. Auch bei den beamteten Staatssekretärsstellen (ein abschließender Überblick ist noch nicht möglich) herrscht ein Männerüberschuss. Und die Großressorts mit Ausnahme des Verteidigungsministeriums sind allesamt in Männerhand. Frauen machen vor allem das, was Ex-Kanzler Gerhard Schröder mal als "Gedöns“ bezeichnete (was er später bereut hat) – „weiche“ Themen wie Familie, Jugend, Verbraucherschutz, Natur, Ernährung, Bildung. Themen freilich auch, die in den vergangenen Jahrzehnten stetig an Bedeutung gewonnen haben.

Eine recht gute Übersicht über die Verteilung von politischer Verantwortung auf die Geschlechter in Deutschland ergibt sich aus der Zusammensetzung der Ausschüsse des Bundesrats. Dort sind in aller Regel die zuständigen Minister aus den Landeskabinetten vertreten, ein breites personelles Spektrum also. Da sich die Landeskabinette nicht an der Aufstellung der Bundesregierung orientieren, wohl aber (weitgehend) die Bundesratsausschüsse, haben diese meist mehr als 16 Mitglieder, je nach Zuschnitt der Aufgaben. Und siehe da: Es gibt Domänen über die Innenpolitik hinaus, männliche wie weibliche. Im Innenausschuss (das verwundert nun nicht mehr) sitzen 20 Männer und drei Frauen. Klare Männerdomänen sind demnach auch die Wirtschaftspolitik und die Verkehrspolitik. Auch der Rechtsausschuss hat einen deutlichen Männerüberschuss, ebenso der für Umwelt. Auch die Finanzen sind stärker in Männerhand, auch wenn es mittlerweile fünf Finanzministerinnen in den Ländern gibt (drei von den Grünen übrigens). Eine Bundesfinanzministerin gab es übrigens auch noch nie, und im Ressort auch noch nie einen weiblichen beamteten Staatssekretär.

Frauen dominieren die Gesundheitspolitik

Die geschlechtermäßig ausgewogenen Themenbereiche sind, wenn man die Ausschussbesetzungen im Bundesrat als Indikator gelten lässt, die Agrarpolitik und der Verbraucherschutz sowie das große Feld der Arbeits-, Integrations- und Sozialpolitik. Auch bei Bildung, Wissenschaft und Kultur ist das so – in den Ländern gibt es jeweils acht Männer und Frauen, die sich um Schule kümmern und sieben Männer und neun Frauen, denen die Wissenschaftspolitik übergeben ist. Ausgewogen ist auch der Verantwortungsbereich Wohnungsbau besetzt.

Eine eindeutig weibliche Domäne ist dagegen die Familienpolitik (der entsprechende Bundesratsausschuss hat auch die Seniorenpolitik auf dem Tisch). Noch eindeutiger ist das auf dem Feld der Frauen- und Jugendpolitik der Fall, was wohl wenig überrascht. Dass die Frauen aber auch im Bundesratsausschuss für Gesundheit eindeutig überwiegen und hier zumindest in den Ländern die Politik bestimmen, kommt schon weniger gewohnt daher. Aber da spielt wohl eine Rolle, dass seit 2009 nur Männer das Bundesgesundheitsministerium führten. Zuvor waren es, seit das Ministerium 1961 eingeführt wurde, vor allem Frauen – beginnend mit Elisabeth Schwarzhaupt. Es war so etwas wie das weibliche Alibiressort der alten Bundesrepublik, mit Ministerinnen wie Käthe Strobel, Katharina Focke, Antje Huber oder Rita Süssmuth. In die Frauenphalanx brach als erster Heiner Geißler ein, das war 1982. Und wer tat das noch, einige Jahre später? Schau an, schau an: Horst Seehofer.

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