Präsidentschaftswahl in Österreich: Die Herausforderung durch den Populismus bleibt
Die Österreicher haben gegen den Rechtspopulisten Hofer gestimmt - ein Ende der Welle des Nationalismus ist das aber nicht. Es ist vielmehr eine Mahnung. Ein Kommentar.
Da sage noch einer, es gebe keine Hoffnung. Und das am zweiten Advent: Alexander van der Bellen wird österreichischer Bundespräsident, nicht der Rechte Norbert Hofer. Sogar mit größerem Abstand als vorher, bei einer höheren Wahlbeteiligung als beim vergangenen Mal. Tu felix Austria!
Österreich hat sich, so gesehen, wieder vermählt mit den Kräften, die der Ermutigung den Vorzug geben vor der Verunsicherung, die dem Augenmaß den Vorrang geben vor der Entgrenzung. Hinter Hofer nämlich steht ja weniger eine Partei als eine Bewegung. Eine Bewegung hin zu einer Politik, die nur der Form nach noch eine ist.
Politik, das ist doch die Sache der res publica, und die wiederum ist die stete Suche nach Lösungen, die dem Gemeinwohl dienen, nicht dem gemeinen Wohl einzelner Gruppen. Politik ist nicht die Kunst der Vereinfachung, sondern die, komplexe Zusammenhänge zu erkennen und ihnen angemessen zu handeln. Dass diese Zusammenhänge verständlich dargestellt werden müssen, damit die, die das Gemeinwesen bilden, die Wähler zumal, sie nachvollziehen und beurteilen können, versteht sich von selbst.
In diesem Sinne hat Norbert Hofer, hinter dem Heinz-Christian Strache dräute, die Wähler nicht nur nicht überzeugt – er hat auch noch etliche verloren. Das spricht für die Widerstandsfähigkeit der demokratischen Wettbewerber der FPÖ und für die Chancen, die Demokratie überhaupt hat, wenn die Menschen, die in ihr leben, die Zugeneigtheit erfahren, die notwendig ist, um sie immer wieder neu zu begründen. Und zu verankern, denn es sollte in diesen rasanten Zeiten, die doch erkennbar an vermeintlich ehernen Grundlagen zerren, nichts zu selbstverständlich genommen werden.
Die Herausforderungen mögen sich in Bestandteile zerlegen lassen, aber die müssen dann wirklich behandelt werden, ehe sie das Gewohnte zerlegen. Von A wie Arbeit angesichts der Digitalisierung über B wie Bankenregulierung, E wie Europa bis hin zu Z wie eine selbstgestaltete Zukunft nach der Pensionierung: Österreich ist mehr als ein neuer Weckruf – es ist die aktuellste Mahnung.
Die Herausforderung bleibt. Aber es gibt Hoffnung
Alexander van der Bellen hat gezeigt, dass Parolen nicht das letzte Wort sein müssen. Der Grüne hat sich behauptet gegen die, die vereinfachen. Und gegen die, die sagen, dass die Menschen, unpolitisch, wie sie geworden seien, anders nicht zu erreichen wären. Doch, sind sie. Gerade die Vervielfältigung der Medien kann auch eine Chance sein; es wird ja nicht bloß das Gerücht transportiert, sondern auch das Argument. Damit es sich durchsetzt, ist mehr Mühe nötig als früher, schlicht mehr Argumentation. Die Regierenden müssen sich mehr erklären, die regieren wollen, auch.
Das galt in Österreich, das gilt europaweit. Christian Kern als Bundeskanzler hat Lösungskompetenz angeboten. Sie zu verwirklichen, bleibt die Aufgabe. Nicht nur seine. Es geht dabei nicht um eine Pose, sondern um die Grundlagen der Positionen. Ob einer oder eine da authentisch ist, ob aus dem gesprochenen Wort ein gebrochenes Versprechen wird, kann heutzutage schneller als je zuvor herausgefunden werden. Darum sage jetzt keiner schon, dass hier fortschrittliche Parteienkonstellationen begünstigt seien.
Oder dass die Welle des Nationalismus und Populismus gebrochen sei. Vielmehr sollte seit dem Geschehen von Österreich jedermann klar vor Augen stehen: Je weiter Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, desto größer wird das Loch, in das die sogenannten etablierten Parteien fallen können. Diese Herausforderung bleibt. Aber Hoffnung gibt es. Auch darauf, dass am Ende das Glück mit dem Tüchtigen ist.
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