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Erst Nahduell, dann Fernduell: Markus Söder (CSU) und Robert Habeck (Grüne).
© dpa

Mit Blick auf die Bundestagswahl: Die Grünen winden sich in Söders Umarmung

Der CSU-Chef preist die schwarz-grüne Konstellation. Doch die Ökopartei will sich von ihm nicht zum Juniorpartner zusammendrücken lassen. Und hält deshalb dagegen.

Womöglich ist es eine Form von politischem Stalking, die CSU-Chef Markus Söder neuerdings gegenüber den Grünen praktiziert. Unter Stalking versteht man unerwünschte Nachstellungen bis hin zu Nötigung und physischer Gewalt - und zumindest in diese Richtung lässt sich auch interpretieren, was der bayerische Ministerpräsident kurz vor Anbruch des Bundestagswahljahres 2021 nun mit der Ökopartei anstellte.

Der Wahlkampf sei für die Menschen neun Monate vor der Bundestagswahl noch ganz weit weg, sagte Söder am Mittwoch der Deutschen Presseagentur – und sprach sich dann klar für eine schwarz-grüne Koalition aus. „Ich glaube, dass es für viele attraktiv wäre. Eine Konstellation, die neben Sicherheit auch Inspiration bieten könnte“, erklärte der Ministerpräsident. Er wolle keinen „Kuschelwahlkampf“, sondern rechne mit einem „spannenden Rennen um Platz 1“. Denn schließlich gebe es große Unterschiede bei den Parteien, wenn es um die großen Zukunftsfragen gehe. Da müsse sich auch die Union „klar positionieren“.

Der schwarz-grüne Doppelauftritt liegt noch nicht lange zurück

Bei den Grünen kam die Umarmungstaktik des bayerischen Regierungschefs nicht gut an, sie werteten das Interview zum Jahreswechsel als Versuch, die eigene, mit der Union konkurrierende Partei klein zu halten. Die Erben Joschka Fischers waren gewarnt. Denn schon Anfang Dezember hatte Söder in einem „Spiegel“-Doppelinterview mit Grünen-Ko-Chef Robert Habeck geschwärmt: „Ich glaube, dass Schwarz-Grün einen großen Reiz hätte.“ Beide Parteien hätten „die ganz großen Fragen unserer Zeit im Blick … wie die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie. Das wäre aktuell das interessanteste politische Angebot.“

Habeck hatte sich auf den symbolstarken schwarz-grünen Doppelauftritt eingelassen, dann aber große Mühe darauf verwandt, sich nicht von Söder umarmen zu lassen. Als seine Wunschkoalition nannte er deshalb nicht etwa eine Koalition mit der Union, sondern „eine grün geführte Regierung mit der SPD“. Zugleich betonte er mit Blick auf Corona, die Folgen für die Wirtschaft und den Abschied der amtierenden Kanzlerin Angela Merkel: „Alles ist möglich.“ In Bundestagsumfragen liegen die Grünen zwar vor der SPD auf Platz zwei, mit 18 bis 20 Prozent aber deutlich hinter der Union, die auf 35 bis 37 Prozent kommt.

Habeck geht auf Distanz

Auch zu Söders neuem Fern-Kompliment ging der Parteichef auf Distanz. „Wir treten an, um die Union herauszufordern. Ein Vorweg-Einpreisen seitens der Union werde ich nicht mitmachen“, sagte er im Sender NDR-Info. Seine Partei wolle ohne Koalitionsaussage ins Wahljahr gehen. „Alle Parteien werden für sich selbst kämpfen“, dann werde man sehen, „was dabei herauskommt“.

Sowohl Habeck als auch seine Kovorsitzende Annalena Baerbock hatten vor Weihnachten erklärt, sie trauten sich das Amt des Kanzlers oder der Kanzlerin zu. Mit dieser Selbst-Kompetenzzuschreibung verdeutlichte die in Umfragen momentan zweitstärkste politische Kraft ihren Anspruch auf die Führung einer neuen Regierung. Denn noch ist offen, ob der Zuspruch zur Union auf dem gegenwärtig hohen Niveau bleibt, wenn Wählerinnen und Wähler spüren, dass die amtierende Kanzlerin nicht mehr zur Wahl antritt. Ebenso offen ist, wer CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nachfolgt und wen die Union als Kanzlerkandidaten aufstellt. Habeck ging auch in dieser spannenden Frage auf maximale Entfernung zur Union: „Wer CDU-Vorsitzender wird, ist mir komplett egal“.

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Die bayerische Grünen-Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz erinnerte anlässlich des Interviews daran, dass der CSU-Politiker schon oft frühere Position geräumt und den Umweltschutz erst spät als Thema entdeckt hatte. Söder sei an erster Stelle ein Stratege, der sich auf Zeichen der Zeit einstelle, sagte sie dem Tagesspiegel: „Vor lauter Wandel verschwimmt seine politische Kontur zu Lasten der Nachhaltigkeit.“

Die Worte des Ministerpräsidenten solle man nicht auf die Goldwaage legen, warnte Deligöz: „Seine Aktionen haben wenig Tiefgang.“ Ein Kompliment ist das nicht – aber auch keine Absage an eine mögliche schwarz- grüne Koalition.

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