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Jean-Claude Juncker will gegen Falschinformationen vorgehen. Kein einfaches Unterfangen.
© AFP

Juncker und die Falschnachrichten: Die EU ist gegen "Fake News" schlecht gewappnet

Der Kampf gegen "Fake News" sei eröffnet, tönt EU-Kommissionspräsident Juncker. Doch Truppen dafür hat er nicht. Diagnose: bedingt abwehrbereit. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Georg Ismar

Der erfolgreichste Knaller der Brexit-Kampagne war eine Falschinformation. Auf dem roten Bus der Befürworter eines EU-Austritts Großbritanniens prangte der Slogan: „Wir schicken der EU 350 Millionen Pfund pro Woche.“ Das Geld solle besser in den National Health Service fließen, in das heimische Gesundheitssystem.

Tatsächlich zahlt Großbritannien weit weniger an die EU, es profitiert stattdessen von Förderprogrammen. Zudem könnten negative Brexit-Effekte für die Wirtschaft dazu führen, dass das am Ende nur draufzahlt.

Es gibt nur eine kleine "Kampfeinheit"

Das Beispiel zeigt, wie verhängnisvoll es sein kann, wenn „Fake News“ verfangen. Wenn EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nun den Falschnachrichten, sei es aus Russland oder Behauptungen von Ungarns Premier Victor Orban, den Kampf ansagt, verschweigt er eines: Die EU ist schlecht gewappnet.

Das wurde daran deutlich, wie man die Kontrolle über die Interpretation des UN-Migrationspakt verlor, der sogar Belgiens Regierung zu Fall brachte. In Zeiten, wo die Europawahl am 26. Mai wegen des drohenden Erstarkens nationalistischer Kräfte als Schicksalswahl angesehen wird, rechnet man mit einer Vielzahl an Desinformationskampagnen. Sicher auch wieder aus Russland.

Bisher gibt es nur die mit wenigen Leuten besetzte, im Europäischen Auswärtigen Dienst angesiedelte Einheit, East StratCom. Das steht für Strategisches Kommunikationsteam Ost und soll vor allem „Fake news“ aus Russland registrieren, bisher wurden schon über 5000 Fälle erfasst.

Die Bürger haben eine Holschuld

Aber spätestens seit der emotionalen Debatte um die EU-Urheberechtsrichtlinie ist das Thema freies Internet ein heikles. Alles was nach Zensur aussehen könnte, würde zu einem Aufschrei führen. Auch deshalb ist es so schwierig, den gezielten Falschnachrichten, die sich über die diversen Kanäle in sozialen Netzwerken rasant verbreiten, Einhalt zu bieten. Immerhin  haben die EU-Staaten nun zusätzlich eine Art Frühwarnsystem aufgebaut, ebenso wie mehrere Parteien im Deutschen Bundestag.

Der Kampf um die Demokratie und ein liberales Europa ist auch einer, der im Netz entschieden wird. Beim Brexit bereuen viele Bürger, auf bestimmte Versprechen hereingefallen zu sein. Um den Kampf zu gewinnen, kommt es sicher nicht nur auf Aufklärung durch Politik und Medien an. Alle Bürger haben auch eine Holschuld. Eine Holschuld, sich vernünftig zu informieren. 

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