Kohlendioxid einlagern: Die CO2-Endlager-Debatte kehrt zurück
CO2 in unterirdischen Speichern verpressen – diese Methode war totgesagt. Doch da der Klimawandel greifbar wird, bekommt die Technik neue Fans in der Politik.
Es war eigentlich schon ein tot gerittenes Pferd, die Abscheidung von klimaschädlichem Kohlendioxid aus Kohlekraftwerken und Industrieanlagen und die anschließende Verpressung unter die Erde. „Mit den Abscheideverfahren lassen sich CO2-Minderungen in den Abgasen der Kraftwerke von 80 Prozent bis 98 Prozent erreichen“, hatte das Bundeswirtschaftsministerium seinerzeit geworben.
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) warben für eine Erprobung, am Kraftwerk Schwarze Pumpe in der Lausitz betrieb Vattenfall eine Pilotanlage. Maximal 1,3 Millionen Tonnen CO2 sollten pro unterirdischem Speicher jährlich verpresst werden, deutschlandweit maximal vier Millionen Tonnen CO2.
Doch dazu kam es nie, Bürger gingen zum Beispiel im brandenburgischen Beeskow gegen ein drohendes „CO2-Endlager“ auf die Barrikaden, hängten Gasmasken über ihre Gartenzäune. Am Ende wurde eine Länderklausel vereinbart, um die Erprobung der CCS-Technologie auf ihrem Landesgebiet zu untersagen.
Kein Land wollte es – die Technologie galt als tot, das Pilotprojekt wurde eingestellt. CCS steht für „Carbon Capture and Storage“ und meint das Einlagern von Kohlendioxid in tief liegenden geologischen Schichten.
An der Wurzel des Problems ansetzen
Im fast schon etwas verzweifelten Ringen um eine Minderung der CO2-Emissionen ist nun auch plötzlich CCS wieder auferstanden, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erwähnt die Technologie, auch in der großen Koalition ist es Thema. So hat sich Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) betont positiv zu einer Anwendung von CCS geäußert.
„Ich finde, es ist eine spannende Form von CO2-Entziehung aus der Umwelt“, so Karliczek. „Es ist grundsätzlich eine Möglichkeit, um unsere CO2-Reduktionsziele zu erreichen.“ Man könne jedoch nur tun, was eine Gesellschaft akzeptiere. „Dass die Proteste groß waren, haben wir natürlich zur Kenntnis genommen.“
Norbert Röttgen hat das Ringen damals ja intensiv miterlebt – nun hat er sich erstmals zu der „Renaissance“-Debatte geäußert. „Ich glaube inzwischen, dass unser Ansatz in eine andere Richtung gehen muss“, sagt er im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Zentral ist die Frage der Emissionsreduzierung und nicht die der Verpressung. Wir müssen an der Wurzel des Problems ansetzen und nicht bei der Entsorgung“, betont Röttgen. „Das würde uns sonst langfristig in eine Sackgasse führen.“
Er ist ohnehin der Meinung, die CDU müssen dringend wieder richtig in das Thema Klimaschutz einsteigen, das man vernachlässigt habe, als es nicht zu Konjunktur hatte.
Der von Merkel als Umweltminister entlassende Röttgen, heute Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, ist für ein eigenes Klimaschutzministerium und schlägt vor, die gesamte Handels- und Wirtschaftspolitik an den Klimaschutz zu koppeln, also auch Verträge quasi einem Klimacheck zu unterziehen.
Trotz Ferien weiter machen
So etwas ist ja auch ein Anliegen der Fridays-for-Future-Bewegung. Die Schüler und Studenten wollen trotz Sommerferien weiter demonstrieren, damit der Druck im Kessel hoch bleibt. „Wir hatten letzten Freitag bundesweit 56 Klimastreiks, im Schnitt haben wir bundesweit im Moment 10.000 bis 20.000 Teilnehmer“, berichtet Luisa Neubauer, eine der Organisatorinnen, dass es bisher kein Sommerloch gibt.
„Es gibt keine wirkliche Sommerpause, von der Tendenz ist es bisher nicht festzustellen, dass es weniger Teilnehmer gibt.“ Mit Blick auf die Landtagswahlen am 1. September in Sachsen und Brandenburg plane die Bewegung auch verstärkt in Ostdeutschland zu mobilisieren, „zum Beispiel werden wir von Berlin aus zu einem Streik nach Cottbus fahren.“
Dort hatten tausende Beschäftigte in den Kohlekraftwerken lange große Hoffnungen in CCS gesetzt, um ihre Arbeitsplätze langfristig sichern zu können.