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Der deutsch-syrische Künstler Manaf Halbouni vor seiner Installation "Monument" an der Frauenkirche in Dresden.
© Reuters

Streit um Aleppo-Monument in Dresden: "Die Busse vor der Frauenkirche sind ein Hoffnungszeichen"

Der Streit um die Aleppo-Installation in Dresden dauert an. Der Künstler wird verdächtigt, mit Terroristen zu sympathisieren - und nun von Vize-Regierungschef Martin Dulig verteidigt.

Drei hochkant aufgestellte Busse erinnern noch bis Anfang April auf dem Neumarkt in Dresden an den Krieg in Syrien. AfD, Pegida und Co. heizen seit Tagen die Stimmung gegen diese "Monument" genannte Aktion des deutsch-syrischen Künstlers Manaf Halbouni an, die sich zum Schutz der Zivilbevölkerung aufgestellte Busse in Aleppo zum Vorbild genommen hat.

"Unfassbar was in Dresden passiert", twitterte der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete Carsten Hütter. Dazu ein Foto der Busse in Aleppo mit dem Vorwurf "Lügenbusse. Ein Monument für den Schariastaat der Ahrar al-Sham, mitten in Deutschland". Auch Pegida sieht einen "dschihadistischen Hintergrund" für die Anti-Kriegs-Installation in Dresden als erwiesen an. Ahrar al-Sham sei eine "radikalislamischen Terrorgruppe", schreibt Pegida auf Facebook. Sie habe die Busse in Aleppo aufgestellt, erklärt die fremdenfeindliche Bewegung und beruft sich dabei auf Informationen der neu-rechten Ein-Prozent-Bewegung.

Der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sei somit verantwortlich für die "Verherrlichung einer islamischen Terrororganisation". Hilbert hatte das Kunstwerk vergangene Woche in seiner Rede zur Eröffnung als "große Bereicherung" für die Stadt bezeichnet. Es bedürfe manchmal "ungewöhnlicher Mittel", einem das Weltgeschehen vor Augen zu führen, erklärte er - immer wieder unterbrochen von einem rechten Mob, der ihn als "Volksverräter" beschimpfte und im Kunstwerk von Halbouni eine Schande sah.

Doch ist die Kritik wirklich berechtigt? Ist Ahrar al-Sham eine Terrororganisation? Und: Hat sie die Busse in Aleppo selbst aufgestellt - oder an ihnen nur eine Fahne gehisst? Es gibt dazu widersprüchliche Aussagen. Wichtige politische Akteure in Sachsen allerdings stärken Manaf Halbouni den Rücken, ebenso wie der in Syrien für die Nachrichtenagentur Reuters tätige Fotograf Ammar Abdullah. Er hatte 2015 ein Foto von der Bus-Sperre mit der Flagge der Rebellen-Gruppe gemacht - und weitere Bilder, auf denen diese nicht zu sehen ist. Er sagte nun der "Sächsischen Zeitung", die Busse seien nicht von Ahrar al-Sham aufgestellt worden.

"Die Blockade wurde von der Provinzverwaltung Aleppos und Anwohnern errichtet", berichtet der Fotograf. "Sie fanden keine Lösung für das Problem, dass Scharfschützen in der Gegend waren und Zivilisten nicht auf die Straßen konnten." Als Ahrar al-Sham in das Viertel gekommen sei, um gegen das Assad-Regime zu kämpfen, hätten sie wohl ihre Flagge auf der Blockade gehisst, aber kurz darauf sei sie wieder verschwunden, sagt Ammar Abdullah.

"Entscheidend ist der Zweck: Menschen schützen"

Und er fügt hinzu: "Ist es denn so wichtig, wer die Bus-Blockade gebaut hat? Letztlich entscheidend ist doch, dass sie für einen wichtigen Zweck gebaut wurde: um Menschen zu schützen. Die Zivilisten in dieser Gegend haben sich ja sich nicht aussuchen können, wer diesen Krieg führt. Für euch in Deutschland geht es jetzt um ein Kunstwerk. Für uns in Aleppo ging es damals darum, mit der Blockade für Sicherheit zu sorgen. Es zählt, wie viele Leben durch sie gerettet werden konnten." Der Fotograf widerspricht damit dem Fotoreporter Karam Almasri, der unter Berufung auf eigene Beobachtungen erklärt hatte, Ahrar al-Sham habe die Busse aufgestellt. Die Rebellenkämpfer hätten "Seile, Winden und eine Menge Männer benutzt, um die Busse aufzurichten und den Scharfschützen des Regimes die Sicht zu versperren".

Ganz leicht ist es offenbar nicht, das Geschehen damals in Aleppo zu rekonstruieren - und auch über die Rolle der Gruppe Ahrar al-Sham im syrischen Bürgerkrieg generell gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Der Verfassungsschutz schätzte 2014, dass ihr bis zu 15.000 Kämpfer angehören. Die Bundesanwaltschaft berichtete damals im Zusammenhang mit der Festnahme von Islamisten in Köln, Ahrar al-Sham sei mit der Terror-Organisation "Islamischer Staat" verfeindet. Nach Angaben der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gehört die Gruppe zum islamistisch-salafistischen Spektrum des Aufstands. "Sie wollen das Assad-Regime stürzen und durch einen islamischen Staat ersetzen, der auf dem islamischen Recht der Scharia beruhen soll."

"Blockaden gegen Scharfschützen - das haben alle gemacht"

Christoph Reuter, Nahost-Korrespondent des "Spiegels", hält es für "sehr weit hergeholt", Ahrar al-Sham als Terrorgruppe zu bezeichnen. Der in Syrien bestens vernetzte Reporter beschreibt die Gruppe im Gespräch mit dem Tagesspiegel als "konservativ, der Muslim-Brüderschaft nahe stehend" und von ihr auch zum Teil auch finanziert. Zur Zukunft Syriens nach einem möglichen Sturz von Assad gebe es in der Rebellengruppe verschiedene Flügel mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen. Ahrar al-Sham habe weder Anschläge im Ausland verübt noch Ausländer entführt. Was den Schutz vor Scharfschützen angeht, der mit der Aufstellung der Busse beabsichtigt war: "Das haben alle gemacht", sagt Reuter.

Sachsens stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig nennt schon den Versuch einer Umdeutung der Kunst-Aktion in Dresden "ärgerlich". Dulig, der auch SPD-Chef in Sachsen ist, sagte dem Tagesspiegel: "Das ist eine Umdeutung, die von Leuten gemacht wurde, die ein Interesse daran haben, das eigentliche Mahnmal, das eigentliche Anliegen zu desavouieren." Der Künstler habe "eine klare Aussage für Frieden und für Hoffnung" ausgedrückt. "Ihm ging es um das Symbol als Schutzwall vor dem Kugelhagel. Und sie sollten jetzt vor der Frauenkirche stehen, weil beides Hoffnungszeichen sind."

Dulig sagte weiter: "Eine Uminterpretation ist nur von denen gewollt, die mit dieser Friedensbotschaft nicht umgehen können. Das sind diejenigen, die nur Hass aussäen."

Auch der Dresdner Oberbürgermeister Hilbert verteidigt die Kunst-Aktion auf dem Neumarkt. Dem MDR sagte er, der "erste Platz" der Stadt werde mit der Installation zu einem öffentlichen Kommunikationsort, "was kann man besseres machen?" Auf den Streit um die Dschihadisten-Flagge an den Bussen in Aleppo ging er in dem Interview nicht ein.

Der Künstler Manaf Halbouni selbst äußerte sich in der "Süddeutschen Zeitung" zum Streit um die Installation in Dresden. Er sagte: "Welche Gruppen in Syrien gegeneinander kämpfen, hat mich bei dieser Arbeit null interessiert. Dummerweise habe ich bei der Barrikade nicht genau recherchiert, wer sie aufgebaut hat, das gebe ich zu."

Er habe die Flagge auf Aufnahmen auch nie gesehen. "Mich reizte, was man auf allen Bildern sah: Die Energie, mit der diese Busse aufgerichtet wurden. Und das intakte Straßenleben davor, wo Handel getrieben wird und Kinder spielen. Der Krieg in Syrien ist komplett unübersichtlich, und man weiß einfach nicht, wer da wann seine blöde Flagge aufgesteckt hat. Das interessiert mich auch ehrlicherweise nicht so sehr."

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