Greta, Youtube & der Rest: Die Betroffenheit der Jugend ist kein guter Ratgeber
Das Vertrauen in die Jugend wächst. Erst beim Klima, jetzt bei der EU-Urheberrechtsreform. Doch die Generation Youtube hat nicht immer recht. Ein Zwischenruf.
Die Jugend ist gerade auf einem Maßgeblichkeitshöhenflug. Erst wurde sie – angeführt durch Greta aus Schweden – mit Schulstreiks und plakativen Parolen zum nicht mehr ignorierbaren Kronzeugen einer ignoranten Klimapolitik, und parallel dazu marschierte sie jüngst zu einem zweiten Thema auf, für das sie sich quasi organisch zuständig fühlt: zum Internet.
Konkret geht es um die EU-Urheberrechtsreform, über die an diesem Dienstag das Europaparlament abstimmt. „Freiheit für das Internet“ und „Weg mit der Zensur!“ ist die Botschaft der Jugend, und den Eltern und Älteren erläutert sie, warum die gar nicht checken würden, worum es gehe. Die Jugend kann nichts dafür, dass sie so denkt – schließlich ist sie damit aufgewachsen, dass nahezu alles, was das Internet hergibt, barrierefrei zur Verfügung steht.
Da kann man schon auf die Idee kommen, das gehöre so und müsse so auch bleiben. Aber die Gratislieferung von virtuellem Spielmaterial ist nicht das Naturgesetz, für das die Jugend es erklärt, hier irrt sie. Und so wie – überspitzt gesagt – Kinder irgendwann lernen müssen, dass alles, was die Eltern ihnen bisher gratis in die Karre gereicht haben, im wirklichen Leben einen Preis hat, muss das jetzt auch die Jugend aka Generation Youtube.
Wer dauernd surft, shared, postet, versaut auch das Klima
Der ungehinderte Zugriff war eine Luxussituation, die sie erleben durften, aber Ansprüche für den Rest des Lebens lassen sich daraus nicht unbedingt ableiten. Viel eher sollten jetzt mal diejenigen dran sein, die das Material, das so selbstverständlich aus dem Internet abgegriffen wird, ursprünglich erstellt haben. Manche nennen diesen Prozess gar Arbeit und müssen davon leben. Und deren Rechte und Ansprüche sind womöglich noch viel älter als die der heutigen Youtuber.
Bei den Umweltdemonstrationen verhält es sich anders. Beim Klima gibt es tatsächlich die organische Verbindung zu Jugend zu Zukunft, denn die Auswirkungen der Veränderungen von heute wirken erst überübermorgen. Darum hat die Jugend bei diesem Thema recht, wenn sie sich selbst zu den vor allem Betroffenen der verschnarchten Altvorderen erklärt. An einer Stelle treffen sich die beiden Anliegen dann doch noch mal – denn auch Internet verbraucht Energie, es hat eine klimarelevante Schadstoffbilanz. Die dauernd surfen, sharen, posten, ziehen zusammen eine CO2-Schneise hinter sich her. Die sieht man nicht, aber da ist sie trotzdem und damit auch ein Grund zum Handeln – ganz so wie die Arbeitsleistung und die Rechte von Urhebern.