Frauke Petrys Plan: Die AfD könnte als Deutschland-CSU Erfolg haben
Frauke Petry will ihre Partei koalitionsfähig machen und zugleich Kontrahenten ausschalten. Doch der Plan ist waghalsig: Björn Höcke bekommt noch immer viel Beifall. Ein Kommentar.
Frauke Petry will es jetzt. Um jeden Preis. Die AfD-Chefin muss den Rechtsaußen-Politiker Björn Höcke unbedingt aus der Partei haben. Da kann es drastisch werden: In dem von ihr unterschriebenen Antrag auf Parteiausschluss wird Höcke mit Hitler verglichen. Er diskreditiere die Gesamtpartei, heißt es in dem über 60 Seiten umfassenden Schriftstück – die pikanten Passagen veröffentlicht in der „Bild am Sonntag“.
Der Moment, an dem dieses Dokument an die Presse durchgestochen wurde, ist mit Sicherheit nicht zufällig gewählt. Erst vergangenen Donnerstag war ein Antrag Petrys öffentlich geworden, über den sie auf dem Bundesparteitag in zwei Wochen abstimmen lassen will: Die AfD soll sich entscheiden zwischen dem von ihr gewollten „realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei“ und einer „fundamentaloppositionellen Strategie“. Ist das ein kluger Schachzug?
Petry strebt nur vordergründig einen Richtungsentscheid an. In Wirklichkeit lässt sie auch über eine Personalfrage abstimmen. Denn die „Fundamentalopposition“ ist in ihren Augen eng verknüpft mit ihren Kontrahenten, dem AfD-Vize Alexander Gauland und natürlich Höcke. Petry will beides: die Partei auf ihren Kurs zwingen und ihre Gegner ein für alle mal in die Schranken weisen.
Petrys Kurs schadet der AfD nur kurzfristig
Der Plan ist waghalsig. Er kann scheitern. Wer in Brandenburg oder Thüringen Auftritte Höckes erlebt, sieht Menschen, die jede zweite Aussage mit Applaus goutieren und am Ende aufstehen. Höcke ist beliebt in der Partei. Auf dem Bundesparteitag am 22. April wird es daher zum Showdown kommen. Das dürfte die AfD noch so einige Stimmen kosten. Und zwar vor allem, weil eine zerstrittene AfD für die Wähler unattraktiv ist.
Viele in der AfD-Spitze halten Petrys Plan deshalb für einen Fehler – zumal bei ohnehin sinkenden Umfragewerten. Doch langfristig ist Petrys Strategie vielleicht die einzig erfolgversprechende für die AfD. Denn wenn Männer wie Höcke die Oberhand gewinnen – Männer, die dröhnend von „Remigration“ und „Verabschiedungskultur“ sprechen – dann ist die AfD bald nur noch für eine Minderheit am rechten Rand interessant. Die Partei würde in der Bedeutungslosigkeit versinken.
Gelingt es der AfD dagegen, sich als eine deutschlandweite CSU zu positionieren und nach Petrys Wünschen koalitionsfähig zu werden, dürfte sie sich in den Parlamenten festsetzen.
Das ist der Grund, warum Petry den „realpolitischen“ Weg beschreiten will. Nicht, weil sie in ihren Ansichten tatsächlich so moderat ist. Sie selbst sprach sich noch im vergangenen Jahr für eine positive Besetzung des Wortes „völkisch“ aus. Petry geht es um Macht.
Die Partei-Chefin hat sich weit vorgewagt, jetzt muss sie es auch durchziehen. Denn selbst wenn ihr sturköpfiger Konfrontationskurs erst einmal Wähler kostet: Wenn Petry die Partei auf ihren Kurs zwingen kann, wird die AfD langfristig Stimmen gewinnen. Die große Frage im Bundestagswahljahr wäre dann nur: Wann genau greift der Petry-Effekt?
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