Überwachung durch Verfassungsschutz?: Die AfD ist eine Partei ohne Prinzipien
Politiker fordern die Überwachung der AfD – das aber erscheint kontraproduktiv. Gefährlich wird der Partei etwas anderes. Ein Kommentar.
Die vergangenen Tage haben gezeigt, dass nicht nur die „Alternative für Deutschland“ (AfD) uneins ist. Auch ihre politischen Gegner sind es. Da nennt Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann die AfD einen „banalen Intrigantenstadl ohne klares Wertesystem“. Landesinnenminister Thomas Strobl von der CDU wiederum mahnt „ein scharfes Auge“ des Verfassungsschutzes an. Eine Überwachung der AfD aber lässt sich nur rechtfertigen, wenn deren Treiben gerade nicht als banal zu bezeichnen ist. Wenn ihre Politiker das Wertesystem der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekämpfen.
Tatsächlich ist es so, dass Teile der AfD im Graubereich zur Verfassungsfeindlichkeit agieren. Das zeigt sich, wo es um Kontakte zu Pegida geht oder zur „Identitären Bewegung“, die seit Längerem im Visier des Verfassungsschutzes sind. Dass Politiker nun aber öffentlich eine nachrichtendienstliche Beobachtung der AfD fordern, erscheint kontraproduktiv. Es könnte dem ohnehin schon verbreiteten Verschwörungsglauben innerhalb der Partei nur neue Nahrung geben. Was droht, ist ein Märtyrereffekt – und Propaganda mit der Behauptung, hier wolle man sich bloß mit Hilfe untergeordneter Behörden einer politischen Konkurrenz entledigen.
Der Anschein politischer Einflussnahme sollte unterlassen werden
Allein der Anschein, dass es so sein könnte, sollte vermieden werden. Entscheiden muss der Verfassungsschutz anhand gesetzlich definierter Kriterien. Die legen fest, ab wann eine Partei oder einzelne Politiker zu überwachen sind. Liegen Verdachtsmomente vor, ist die Behörde per Gesetz zum Handeln verpflichtet. Bei einzelnen Politikern der AfD, in Bayern zum Beispiel, ist das jetzt schon der Fall.
Dazu braucht es aber keine Aufforderungen oder Ermahnungen von Regierungspolitikern. Unabhängig davon muss eine Überwachung durch den Verfassungsschutz nicht das politische Aus für eine Partei bedeuten. Wie die lange und durchaus fragwürdige Geschichte der Beobachtung von Politikern der Linkspartei belegt.
Wirklich gefährlich werden könnte der AfD etwas ganz anderes – der Eindruck nämlich, dass ihren Spitzenpolitikern zum Zwecke des Machterhalts und -erwerbs so ziemlich jedes Mittel recht ist. Das ist genau der Vorwurf, der an der AfD-Basis seit Jahr und Tag gegen die Konkurrenzparteien erhoben wird. Ist die eigene Führung da wirklich anders?
Den führenden Politikern der AfD ist jedes Mittel recht
Für die Beantwortung dieser Frage hilft es, sich noch einmal die Geschehnisse rund um den Fall des AfD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon vor Augen zu führen. Dessen judenfeindliche Schriften sind an sich schon schlimm genug. Gravierender aus politischer Sicht erscheint allerdings die Dreistigkeit, mit der die beiden Lager um die verfeindeten Bundesparteichefs Frauke Petry und Jörg Meuthen den Fall instrumentalisierten, um dem jeweils anderen zu schaden. So hätte Meuthen schon viel früher wissen können, welche Thesen Gedeon vertritt. Und Petry selbst hat erst zu einem späten Zeitpunkt Druck auf Gedeon ausgeübt – genau dann, als es ihr für ihre Karriere nützlich erschien.
Es geht hier nicht um fehlende Prinzipien, sondern um das Prinzip, dass nichts nicht gesagt werden darf, weil das Nichtgesagte eine Alternative zum herrschenden Konsens darstellen könnte. Bei Antisemitismus stößt dieses Prinzip der unbedingten Tabuvermeidung in Europa an seine Grenzen.
schreibt NutzerIn antonym
Solches Handeln ist so prinzipien- wie wertelos. Aber was will man von einer Partei auch erwarten, die Antisemitismus zu bekämpfen vorgibt und gleichzeitig fortlaufend islamfeindliche Stereotype bedient?