Führungsstreit zwischen Meuthen und Petry: Die AfD fürchtet den Zerfall
Die AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen und Frauke Petry wollen ihren Führungsstreit beenden. Konrad Adam stellt die Zukunft der Partei infrage.
Angesichts der Auseinandersetzungen an der AfD-Spitze fürchten führende Parteimitglieder um den Fortbestand der Partei. „Der öffentliche Machtkampf hat ein existenzbedrohendes Ausmaß angenommen“, sagte AfD- Mitgründer Konrad Adam dem Tagesspiegel. Eine zweite Spaltung werde die AfD schwerlich überstehen. Im vergangenen Jahr gründete der ehemalige AfD-Vorsitzende Bernd Lucke mit Alfa eine eigene Partei.
Auch Jörg Meuthen, wie Frauke Petry Ko-Vorsitzender der AfD und ihr parteiinterner Rivale, warnte vor einem Zerfall der Partei. „Wir befinden uns in einer schwierigen Situation. Es ist eine existenzielle Frage, ob es uns gelingt, uns glaubhaft von Extremismus und Antisemitismus abzugrenzen. Schaffen wir es, können wir über 20 Prozent kommen. Schaffen wir es nicht, gehen wir unter“, sagte Meuthen dieser Zeitung. Er hatte am Dienstag als Vorsitzender die AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag mit zwölf Mitstreitern verlassen, weil er keine Mehrheit für den Ausschluss des Abgeordneten Wolfgang Gedeon wegen antisemitischer Äußerungen bekommen hatte. Petry hatte Meuthen vergeblich aufgefordert, die Spaltung rückgängig zu machen.
Die AfD-Spitze versuchte am Samstag, nach den öffentlichen Auseinandersetzungen der vergangenen Tage Geschlossenheit auszustrahlen. Der Erfolg der AfD sei nur erreicht worden, „weil wir in der schwierigen Anfangszeit zusammengestanden haben“, sagte Petry auf dem Landesparteitag der brandenburgischen AfD in Kremmen. „Das müssen wir auch dann tun, wenn wir bei 20 oder 30 Prozent liegen.“
Während Petry auf die Spaltung der AfD in Baden-Württemberg nach einem Streit um Antisemitismus nicht direkt einging, stellte sich Bundesvize und Brandenburger Landeschef Alexander Gauland hinter Meuthen. „Grenzüberschreitungen können zum politischen K.o. führen und Antisemitismus ist eine solche Grenzüberschreitung“, sagte Gauland. Die FPÖ in Österreich sei erst stark geworden, nachdem sie diese Frageklar geklärt habe. „Das muss uns eine Lehre sein.“ Zugleich kritisierte Gauland in Anwesenheit von Petry, dass es in Baden-Württemberg Einmischungen der Bundesvorsitzenden gab. „„Das wollen wir in unserem Landesverband nicht, das wollen die Kollegen in den anderen Landesverbänden nicht - und deswegen darf es das nicht geben.“ Gauland übte Selbstkritik. „Wir haben Fehler gemacht. Auch ich habe Fehler gemacht.“
Konvent über Spitzenkandidatur?
Auch Meuthen forderte ein gemeinsames Vorgehen. „Frau Petry und ich müssen uns nicht lieben, aber wir müssen pragmatisch zusammenarbeiten.“ Es gehe bei ihnen nicht um unüberwindbare Dinge. „Vieles wurzelt eher in schwierigen Persönlichkeitsstrukturen. Deshalb müssen wir bereit sein, uns zurückzunehmen. Das gilt auch für mich.“
Trotz aller Aufrufe zur Geschlossenheit ist aus dem Petry-Lager auch zu hören, dass man bereit sei, eine finale Auseinandersetzung um ihre Person auszutragen. Petrys Lebenspartner, der Europaabgeordnete Marcus Pretzell, sagte, wenn einige den Leidensdruck hätten, jetzt eine Entscheidung herbeiführen zu wollen, dann werde es diese geben. Nach Tagesspiegel-Informationen gibt es Überlegungen in einigen Mitgliedsverbänden, einen Konvent einzuberufen, auf dem möglicherweise auch über die Frage einer Spitzenkandidatur abgestimmt werden könnte. Meuthen lehnt eine rasche Entscheidung darüber ab. „Über die Frage, ob wir mit einem Spitzenkandidaten in die Bundestagswahl gehen und wenn ja, mit wem, entscheiden wir Anfang 2017. Das ist jetzt kein Thema“, sagte er.
SPD-Frakionschef Thomas Oppermann hält einen Einzug der AfD in den Bundestag trotz der aktuellen Umfragewerte noch nicht für ausgemacht. „Im Moment entlarvt sich diese Partei als politikunfähig, dort regiert der Spaltpilz und das Chaos. Auch AfD-Anhänger wollen solche Leute nicht im Bundestag“, sagte Oppermann dem Tagesspiegel.