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Heiko Maas (SPD), Außenminister, auf einer Pressekonferenz zu den Evakuierungsmaßnahmen am Flughafen Kabul im Auswärtigen Amt.
© Kay Nietfeld/dpa

„Würde jederzeit wieder so entscheiden“: Die absurde Luther-Pose des Heiko Maas

Kaum zu glauben, dass die Aufregung darüber abzuflauen scheint, wie der Außenminister und auch die Kanzlerin sich in dieser Krise verhalten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Es ist absurd. Da war die Bundeswehr knapp 20 Jahre mit Verbündeten in Afghanistan, nach dem Kampf gegen den Terror zehn Jahre, um Demokratie und Menschenrechte zu bringen (übrigens ohne ausreichende Debatte, was am Ende erreicht sein soll) - und jetzt verhandelt der Westen in Doha mit den siegreichen Taliban, muss darum betteln, Landsleute und Helfer unbeschadet herauszubringen. Diese Schmach wird lange, lange nachwirken.

Muss sie auch, damit sie in der Politik Wirkung zeigt. So planlos darf nie wieder eine Intervention ablaufen, wenn je; und ob humanitär oder robust. Es muss Kriterien geben, und es müssen Erfolge messbar werden. Ansonsten darf kein Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden. Krieg darf nicht die Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln sein, wenn die Politik sich nicht aller anderen Mittel zuerst bedient und den Einsatz bis zum Ende durchdacht hat.

Absurd ist auch, dass die Aufregung darüber abzuflauen scheint, wie Kanzlerin und Außenminister sich in dieser Krise verhalten. Der Bundespräsident sagt seinen Besuch in Bayreuth ab, weil er ihm völlig unangemessen erscheint, aber Angela Merkel geht in Berlin wohlgelaunt ins Kino? Taten sprechen lauter als betroffene Worte.

Sie hätte im Krisenstab sitzen sollen, als die erste deutsche Maschine der Luftbrücke zu landen versuchte; und nachher sieben, wohlgemerkt sieben, Menschen aus Kabul ausflog. Die Luftbrücke hat viel zu spät begonnen. Aber der Bundesminister des Auswärtigen, wochenlang vorher intern gewarnt, sagt mit Verweis auf andere Länder: „Deshalb würde ich diese Entscheidung jederzeit auch nochmal genau so treffen.“ Wie viel Trotz ist in dieser Situation erträglich?

Es hätte Pendeldiplomatie gebraucht, und zwar sofort

Heiko Maas steht die Lutherpose nicht. Die anderen Länder, von denen er spricht, waren beim Ausfliegen früher dran, die Amerikaner, die Tschechen, die Briten. Die haben schon am vergangenen Wochenende 370 Landsleute und afghanische Ortskräfte in Sicherheit gebracht - die Deutschen nicht. Dabei geht es doch laut Kanzlerin um 10.000 Menschen, die auszufliegen seien. Weil sie, für Deutschland auf vielen Feldern im Dienst, um ihr Leben fürchten müssen.

Wegen einer völlig falschen Lageeinschätzung? Oder weil ihnen, Merkel und Maas, etwas bekannt war, was niemand wissen sollte: ein Deal der USA mit den Islamisten? Friedliche Übergabe des Landes für freien Abzug? Was absurd klingt, kann dennoch wahr sein.

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Trotziges Beharren auf der Richtigkeit der eigenen Haltung? Das ist der Lage nicht angemessen. Eine Pendeldiplomatie wäre es (gewesen), sofortige Gespräche mit Pakistan, dem Iran, Russland und China über die Situation und Einflussmöglichkeiten auf die Taliban, und das zusammen mit Frankreich als gemeinsamer Motor Europas.

Es muss dringend geklärt werden, was wie war und warum nichts geschah. Warum vor Wochen im Parlament der Antrag der Grünen auf Hilfe für die Ortskräfte, die Bundeswehr-Helfer in der Not, abgelehnt wurde - nach nur halbstündiger Aussprache. Wenn das jetzt nicht geklärt wird, dann verhält sich der Bundestag, Hort der Demokratie, die wir Afghanistan bringen wollten - absurd. 

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