Weltgesundheitsorgansiation: Deutschland will WHO feste Millionenzahlungen zusagen
Deutschland hat mit Gesundheitsinvestitionen weltweit bereits 28 Millionen Menschen das Leben gerettet. Und der Minister will sich noch stärker engagieren.
Die Mittel, die aus Deutschland zwischen 1990 und 2016 in die globale Gesundheitsversorgung geflossen sind, haben 28 Millionen Menschen das Leben gerettet. Das ist einem Bericht zu entnehmen, den die amerikanische Entwicklungs-Organisation One an diesem Montag zum Weltgesundheitsgipfel („World Health Summit“) in Berlin präsentiert und der dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. Insgesamt wären in diesen 26 Jahren demnach ohne die Gesundheitsinvestitionen und -innovationen der Weltgemeinschaft 669 Millionen Menschen an vermeidbaren Krankheiten gestorben.
Spahn macht der WHO erstmals feste Finanzierungszusage über vier Jahre
Zur Eröffnung des Gipfel will Gesundheitsminister Jens Spahn der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zudem erstmals eine feste Finanzierungszusage für vier Jahre machen. Nach Tagesspiegel-Informationen sollen der WHO für die Doppelhaushalte 2018/2019 und 2020/2021 verbindlich und ohne Zweckbindung 115 Millionen Euro als freiwilliger Beitrag aus dem Haushalt des Ministeriums überwiesen werden. Dazu kämen dann noch Pflichtbeiträge, die sich an der Wirtschaftskraft bemessen, sowie weitere freiwillige Zahlungen.
„Wir wollen, dass die WHO mehr Planungssicherheit bei ihren Vorhaben hat und nicht jedes Jahr neu mit dem Klingelbeutel herum gehen muss“, sagte Spahn dem Tagesspiegel. Bisher ist es so, dass nur 20 Prozents des WHO-Haushalts aus festen Mitgliedsbeiträgen abgedeckt sind. Der Rest des Geldes kommt durch freiwillige Beiträge herein.
115 Millionen Euro für Krankheitseindämmung, Krisenmanagement und Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen
Mit der Zusage zeige sich Deutschland als verlässlicher Partner, sagte der Gesundheitsminister. Es gehe darum, die WHO nachhaltig zu stärken, „damit sie ihre wichtige Rolle bei der Bekämpfung von internationalen Gesundheitsgefahren noch besser ausfüllen kann“. Dazu gehörten etwa die Eindämmung von Infektionserkrankungen, wie der jüngste Ebola-Ausbruch im Kongo, sowie der Ausbau des internationalen Krisenmanagements. Wichtige grenzüberschreitende Aufgabe sei zudem der Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen – ein zunehmendes Problem auch in Industriestaaten. „Insofern profitieren auch die Menschen in Deutschland von einem weltweit abgestimmten Vorgehen.“
Allein durch die Mittel der fünf größten Geberländer (USA, Großbritannien, Japan, Deutschland und Frankreich) seien seit 1990 insgesamt 323 Millionen Menschenleben gerettet worden, heißt es in dem Papier der Entwicklungs-Organisation One. Private Gelder und Stiftungsinvestitionen hätten weiteren 87 Millionen Menschen das Überleben gesichert.
Fokus der Hilfen liegt auf afrikanischen Ländern
Deutschland hat in dem genannten Zeitraum den Angaben zufolge 23,25 Milliarden US-Dollar für globale Gesundheitsinvestitionen ausgegeben. Der Fokus der Hilfen lag auf den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Zwischen 2000 und 2015 sei die Müttersterblichkeit dort um 15 Prozent, die Kindersterblichkeit um fast ein Drittel gesunken. Die Todesfälle im Zusammenhang mit der Immunschwächekrankheit Aids (HIV) verringerten sich um fast 40 Prozent.
Die Angaben der Organisation basieren auf Zahlen der Weltbank, die mithilfe eines ökonometrischen Modells hochgerechnet wurden. In dieses Modell flossen 3522 Beobachtungen aus weltweit 141 Ländern sowie 21 Krankheitskategorien ein. Vor allem ging es dabei um Infektionen, Mangelernährung, Durchfall, Probleme von und mit Neugeborenen sowie übertragbare Krankheiten.
Entwicklungsgelder für Gesundheit gehen wieder zurück
Die Zahlen zeigten, was möglich sei, heißt es in dem Bericht. Allerdings enthält er auch deutliche Warnungen. Ohne umfassendere Finanzierung, stärkeren öffentlichen Druck und weitere Innovationen ließen sich die bisherigen Erfolge nicht fortsetzen. Insgesamt hätten sich die Entwicklungsgelder für Gesundheit zwischen 2000 und 2013 mehr als verdoppelt - von 20,4 Milliarden Dollar im Jahr 2000 auf 56 Milliarden Dollar im Jahr 2013. Zwei Jahre später habe der Betrag allerdings bei nur noch 51,8 Milliarden Dollar gelegen.
Seit dem Jahr 2014 stagnierten die Gebergelder, so die Entwicklungsorganisation. Es sei „beunruhigend“, dass einige Regierungen die globale Gesundheit vernachlässigten - und auch der öffentliche Druck nachgelassen habe. „Werden die Ziele für HIV, Tuberkulose und Malaria sowie für Mütter- und Kindersterblichkeit verfehlt, stehen in Subsahara-Afrika bis 2030 650 Millionen Menschenleben auf dem Spiel.“
"Kampf ist noch lange nicht gewonnen"
Derzeit sei kein einziges Land südlich der Sahara soweit, diese Ziele zu erreichen, heißt es in der Bilanz. Und aktuell gebe es „keinen durchkalkulierten Plan, der die notwendigen Mittel und Zwischenschritte darlegt, wie Gesundheit für alle im nächsten Jahrzehnt gewährleistet werden kann“. Der Kampf sei „noch lange nicht gewonnen“, warnen die Verfasser. Von den 5,6 Millionen Kindern, die weltweit im Jahr 2016 bereits vor ihrem fünften Lebensjahr starben, sei die Hälfte auf Subsahara-Afrika gefallen. Von den Todesfällen infolge von Aids (eine Million) und den HIV-Neuansteckungen (1,9 Millionen) seien es sogar zwei Drittel gewesen.