Krieg in Gaza: Deutschland setzt sich für UN-Beobachtermission ein
Die Hamas und Israel greifen sich wieder gegenseitig an - nun soll eine neue Resolution der Vereinten Nationen eine dauerhafte Waffenruhe ermöglichen. Auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu scheint an einer diplomatischen Lösung des Gazakonflikts interessiert zu sein.
Die Kämpfe zwischen der Hamas und Israel gehen mit unverminderter Härte weiter. Die militanten Islamisten feuerten in den vergangenen Stunden mehr als 130 Raketen vorwiegend auf den Süden des jüdischen Staats ab. Im gleichen Zeitraum flog Israels Luftwaffe 50 Angriffe gegen Ziele im Gazastreifen.
Angesichts der neuen Gewalt wird auf diplomatischer Ebene die Suche nach einer Feuerpause nochmals intensiviert: Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben nach Angaben von Diplomaten Eckpunkte für eine neue UN-Resolution vorgelegt. In dem zweiseitigen Dokument fordern die europäischen Länder nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand. Sowohl Israels Luftangriffe im Gaza-Streifen als auch der Raketenbeschuss militanter Palästinenser sollen sofort beendet werden. Auch die USA sollen sich dem Vorstoß angeschlossen haben.
Der Plan sieht unter anderem vor, eine Beobachtermission der Vereinten Nationen für das Krisengebiet zu initiieren. Dabei solle es sich mehr um eine politische denn um eine militärische Mission handeln; der Einsatz von Blauhelmsoldaten ist offenbar nicht vorgesehen. Außerdem müsse die Blockade des Gaza-Streifens durch Israel aufgehoben werden, heißt es. Diese Grenzöffnung soll von der Kontrolle des Warenverkehrs begleitet werden - um eine erneute Aufrüstung der Hamas zu verhindern
Auf der militärischen Führungsebene der Hamas dürfte derzeit allerdings Panik herrschen: Israels Luftwaffe hatte in der Nacht auf Donnerstag drei der höchsten Kommandanten gezielt getötet – gerade mal 24 Stunden nach dem Bombenangriff auf Mohammed Deif, den Chef der Kassam-Brigaden. Dabei kamen dessen Frau und zwei Kinder ums Leben. Von Deif selbst fehlt bislang jede Spur. Die Islamisten kündigten Vergeltung an, als "Warnsignal" hat Israel 10.000 Reservisten eingezogen.
Die gezielten Tötungen machen deutlich, dass die israelischen Geheimdienste über Quellen auf der allerhöchsten Hamas-Kommandoebene verfügen. Dank derer ist es wohl gelungen, die zwei seit Jahren gesuchten Mitbegründer der Hamas-Bewegung und ihrer Brigaden zu liquidieren. Getötet wurden Mohammed Abu Schamala, der Befehlshaber im Süden Gazas, sowie Raad al Atar, Erfinder der „Terrortunnel“. Auch Hamas-Mann Mohammed Barhoum kam ums Leben.
Hamas bekennt sich zur Entführung israelischer Jugendlicher
Fast gleichzeitig hat ein Vertreter der Islamisten erstmals zugegeben, dass die Hamas hinter der Entführung und Tötung dreier israelischer Jugendlicher im Westjordanland stand. Der Exilfunktionär Salah Aruri gab dies bei einer Konferenz in der Türkei zu. „Es war eine Operation unserer Brüder der Kassam-Brigaden.“ Israel hatte die Islamisten von Anfang an für die Tat verantwortlich gemacht.
Premier Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Mosche Jaalon kündigten die Fortsetzung der wiederaufgenommenen Taktik gezielter Tötungen an. Kurz zuvor hatte der Regierungschef einige Kabinettsmitglieder attackiert, die seine Haltung gegenüber der Hamas als nicht konsequent genug kritisiert hatten. Vor allem Wirtschaftsminister Naftali Bennett versucht sich als Anführer der Nationalisten und möglicher künftiger Regierungschef zu profilieren. Bennett fordert die Ausweitung der Kämpfe bis hin zur Liquidierung der Hamas.
Netanjahu ist aber offenbar bereit, die Gazakrise auf diplomatischem Weg zu lösen. „Es gibt eine neue politische Perspektive“, sagte er und betonte, man sei zu Verhandlungen mit der Palästinenserführung unter Präsident Mahmud Abbas bereit. Dies würde bedeuten, dass Netanjahu seine Vorbehalte gegen die „Einheitsregierung“ aus Fatah und Hamas fallen lässt.
Womöglich sind die von Netanjahu ausgemachten „neuen politischen Perspektiven“ ein Hinweis darauf, dass es für Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazakonflikt schon bald einen neuen Anlauf geben könnte. Die palästinensische Delegation, die sich anders als die israelische weiterhin in Kairo aufhält, zeigte sich überzeugt, dass die Gespräche nächste Woche wieder aufgenommen werden.
Vermittler Ägypten spricht von Fortschritten
Auch Ägypten als Vermittler ist vorsichtig optimistisch, dass die Kontrahenten an den Verhandlungstisch zurückkehren. Es sei zwar sehr bedauerlich, dass die Gespräche über eine dauerhafte Feuerpause abgebrochen wurden, sagte Ägyptens Botschafter in Deutschland, Mohamed Higazy, dem Tagesspiegel. „Doch wir stehen weiterhin mit den Konfliktparteien in engem Kontakt und bemühen uns sehr intensiv darum, die Verhandlungen erneut in Gang zu bringen.“
Ägypten stehe zu seiner Verantwortung, wenn es um Ruhe und Frieden in der Region gehe, betonte der Botschafter. „Es gibt bereits kleine Fortschritte, aber wir brauchen mehr Zeit.“ Oberste Priorität habe das Ziel, weitere Opfer unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden. Zudem müsse es darum gehen, dass sich die Not der Menschen in Gaza nicht noch weiter vergrößere.