Maas mit erster Ansprache an US-Regierung: „Deutschland ist bereit für einen transatlantischen New Deal“
Außenminister Heiko Maas sandte am Dienstag die erste öffentliche Botschaft an die neue US-Regierung in Washington. Streitthemen umging er dabei geschickt.
Der erste „Besuch“ des deutschen Außenministers Heiko Maas in Washington war – wie sollte es in Pandemiezeiten anders sein – ein digitaler. Am Dienstagnachmittag sprach Maas bei der Brookings Institution, einer Denkfabrik in der amerikanischen Hauptstadt. Anlass war die Einrichtung einer neuen Forschungsstelle, des Fritz-Stern-Lehrstuhls, den die deutsche Wissenschaftlerin Constanze Stelzenmüller innehaben wird.
Doch auch, wenn der Außenminister nur per Video zugeschaltet war, dürften amerikanische Diplomaten die Rede aufmerksam verfolgt haben. Es war die erste Gelegenheit für einen hochrangigen deutschen Außenpolitiker, sich vor einem amerikanischen Publikum zu äußern. Es war damit auch die erste Gelegenheit, öffentlich eine Botschaft an die neue Regierung der Vereinigten Staaten zu senden.
Maas zentrale Botschaft: Deutschland ist bereit, einen „transatlantischen New Deal mit Ihnen zu schließen (…), als ein verantwortungsvoller Verbündeter und Freund, der mit Ihnen zusammenarbeitet, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen“. Vor zwei Wochen hatte der neue US-Präsident Joe Biden eine ähnliche digitale Bühne für eine nicht minder warme Umarmung der Europäer genutzt.
Bei der digitalen Miniaturausgabe der Münchner Sicherheitskonferenz am 19. Februar nannte Biden die transatlantische Partnerschaft einen „Eckpfeiler“ amerikanischer Außenpolitik, betonte die Bedeutung der Nato, beschwor den Klimawandel als gemeinsame Herausforderung und sagte, auch die China-Politik müsse man gemeinsam angehen.
Mögliche kritische Themen – etwa den Bau von Nord Stream 2, die russisches Gas nach Deutschland transportieren soll – sparte er aus, obwohl er sich bei anderer Gelegenheit in den ersten Wochen seiner Amtszeit schon sehr kritisch über das Projekt geäußert hatte.
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Doch nicht nur im Ton orientierte sich Maas an den Vorlagen aus Amerika. Auch in den großen Linien knüpfte er an das an, was Biden und sein Außenminister Antony Blinken in den Wochen seit Bidens Amtsantritt formuliert haben.
Blinken hat am vergangenen Mittwoch seine erste Grundsatzrede als Außenminister gehalten. Er baute dabei auf einer Erzählung auf, die er und die progressive außenpolitische Szene in Washington schon während der Amtszeit von Donald Trump entwickelt haben: Außenpolitik muss der Wirtschaft, den Familien und vor allem der Mittelschicht „zu Hause“ dienen.
Denn das größte Sicherheitsrisiko – das ist die Lehre aus der Ära Trump – sei die Gefährdung der Demokratie im eigenen Land.
Als Top-Prioritäten der US-Außenpolitik nannte Blinken deshalb nicht etwa den Kampf gegen den internationalen Terrorismus, sondern den Kampf gegen die Corona-Pandemie und den Ausbau eines funktionierenden globalen Gesundheitssystems, eine Weltwirtschaftsordnung, die amerikanischen Unternehmen und Bürgern nützt, den Schutz der Demokratie und der Grenzen sowie ein sinnvolles Einwanderungsrecht und Klimaschutz.
An diese Vorstellung von „Außenpolitik als Innenpolitik“ knüpfte der deutsche Außenminister an. „Präsident Biden hat recht“, sagte Maas, „wenn er sagt: ‚Es gibt keine klare Trennlinie mehr zwischen Innen- und Außenpolitik.‘“ Auch Maas betonte, es brauche eine bessere Regulierung von Tech-Unternehmen auf internationaler Ebene, um Demokratien zu schützen.
Er lobte, dass Joe Biden (anders als Trump) die Covax-Initiative der Weltgesundheitsorganisation unterstützt, die Impfstoffe für ärmere Länder bereitstellt und sagte, man arbeite bereits eng mit dem Team des Klima-Beauftragten der Biden-Regierung, John Kerry, zusammen. Darüber hinaus hob er Gemeinsamkeiten in der China-Strategie hervor. Biden hatte mehrfach betont, eine Frontstellung gegen China vermeiden zu wollen, sondern Zusammenarbeit und Verteidigung der eigenen Werte gleichzeitig anzustreben.
Auf die Dauer werden auch Streitthemen wie Nord Stream 2 unvermeidlich zurück auf den transatlantischen Verhandlungstisch drängen. Am Montag haben republikanische Abgeordnete ein Schreiben an die Biden-Regierung gerichtet, in dem sie beklagen, dass Biden den Pipeline-Bau zwar öffentlich verurteilt, aber keine neuen Sanktionsdrohungen gegen Deutschland folgen – diese Form des öffentlichen Drucks dürfte noch steigen. Für den Augenblick aber überwiegt im transatlantischen Verhältnis klar der Wille, sich auf Gemeinsamkeiten zu konzentrieren.