zum Hauptinhalt
Hinweis auf die 2G-Regel am Weihnachtsmarkt in Duisburg
© AFP/Ina Fassbender

Gefangen zwischen zwei Regierungen: Deutschland braucht im Machtvakuum eine klare Ansage

Mitten in der neuen Corona-Welle mangelt es an einer richtigen Regierung. Über die Bund-Länder-Gipfel mag man spotten, doch sie haben ihren Wert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Machtvakuum ist immer eine ungute Situation. Zwar hat sich nach der Wahl der Bundestag konstituiert, er ist also handlungsfähig. Dass die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP sich nicht nur um Koalitionsgespräche kümmern, sondern angesichts der vierten Welle, der Pandemie der Ungeimpften, auch Gesetzgebung auf den Weg bringen, ist an sich kein schlechtes Zeichen.

Aber es gibt eben keine richtige Regierung im Moment. Das schwarz-rote Kabinett führt nur noch die Geschäfte, die Ampel-Regierung ist erst im Entstehen. Es gibt eine Kanzlerin im Auslaufmodus, und es gibt einen Kanzler in spe. Dort, wohin alle schauen, herrscht ein Machtvakuum.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Und das muss gefüllt werden. Bundestagsfraktionen, das haben sie nun hoffentlich gemerkt bei Ampels und insbesondere in der FDP, taugen dazu nur begrenzt. Erst recht bei einem Thema wie der Bekämpfung einer Pandemie. Da geht es nicht allein um das Herumwerkeln am Infektionsschutzgesetz. Da geht es um Regierungshandeln.

Es braucht Orientierung

Was konkret nun einmal bedeutet: Es ist ein enges Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern nötig. Und in den Ländern haben sie auch etwas zu melden. Über die regelmäßigen Treffen der Kanzlerin und des Bundeskabinetts mit der Ministerpräsidentenkonferenz kann man spotten, lachen, sich die Haare raufen. Aber auch wenn diese Ereignisse selten von großer Einmütigkeit geprägt waren, sie haben immerhin Orientierung gegeben. Und die hat in diesem Herbst bisher gefehlt.

[Lesen Sie auch: Corona wird zur Belastungsprobe für die Ampel (T+)]

Dass diese Runden einen Wert hatten und auch weiterhin haben werden, sieht man schon daran, dass die Ampel-Fraktionen im Verein mit der geschäftsführenden Regierung (die SPD hat da eine Doppelmitgliedschaft) nun ihre ersten Vorstellungen nachgebessert haben. Offenbar war man im politischen Berlin mal wieder nicht ganz in der Nähe der Wirklichkeit.

Aktuell beliebt bei Tagesspiegel Plus:

Dass generelle Ausgangssperren in einer Pandemie der Ungeimpften, in der die Mehrheit sich gar nicht daran halten müsste, ein Unfug sind, ist klar. Aber auch Kontaktbeschränkungen generell untersagen zu wollen, das hätte nicht passieren dürfen. Die Ampel insgesamt hat da frühes Lehrgeld gezahlt.

Der einzige Weg

Elementare Ursachen der Misere reichen jedoch weiter zurück und äußern sich nun eben wieder. Was permanent gefehlt hat in Corona-Zeiten, war eine klare Ansage, dass das Impfen der einzige vernünftige Weg aus dem Schlamassel ist. Das mag in jüngster Zeit ein bisschen anders geworden sein.

Aber man hat noch die Debatte in den Ohren aus dem Frühjahr, als ein Vorrang für Geimpfte als Zumutung für den Rest der Gesellschaft galt. Geimpfte seien nun den Getesteten gleichgestellt, so lautete ein Merksatz. Warum aber impfen lassen, wenn es mit Tests auch ein Durchkommen gibt?

So widersprüchlich geht es jetzt weiter. Da wird ganz mutig eine 3G-Pflicht am Arbeitsplatz eingeführt. Toll. Doch warum nicht gleich 2G? Wenn’s doch ums Impfen geht. Wieder reicht das Testen. Es reicht sogar weniger. Denn der Gesetzgeber schiebt noch eine verschärfte Pflicht zum Homeoffice hinterher. Wer sich nicht impfen lassen will, darf mit staatlicher Anerkennung daheimbleiben.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund unterstützt das noch, indem er die Arbeitnehmer drängt, die Pflicht auch ernst zu nehmen. Die sich impfen ließen, auch um dem Homeoffice zu entkommen, um mehr Normalität in der Pandemie leben zu können – was denken die jetzt?

Zur Startseite