Umgang mit Saudi-Arabien: Der Westen duckt sich im Fall Kaschoggi kläglich weg
Das Verschwinden von Dschamal Kaschoggi wird für den saudischen Machthaber keine Folgen haben. Trump braucht ihn. Und Europa schweigt. Ein Kommentar.
Im Zweifel für den Angeklagten. Das gilt selbstverständlich auch für Saudi-Arabien. Doch wenn nicht alle Hinweise täuschen, dann ist der spurlos verschwundene Regimekritiker Dschamal Kaschoggi nicht mehr am Leben. Und sein wohl mit mörderischer Gewalt herbeigeführter Tod geht, egal wie man es dreht und wendet, auf das Konto der saudischen Monarchie. Die Herrscher haben sich eines lästigen Nörglers entledigt.
Es spielt dabei keine Rolle, ob es von Anfang an geplant war, den 60-Jährigen ein für alle Mal loszuwerden. Oder ob – wie es nun so beschwichtigend wie zynisch heißt – ein „Verhör“ tragischerweise aus dem Ruder gelaufen ist. In jedem Fall führt die Spur vom Istanbuler Konsulat direkt nach Riad – und damit geradewegs ins saudische Königshaus.
Denn seit Langem gehen die Machthaber – allen voran Kronprinz Mohammed bin Salman – gegen jede Form der Opposition vor. Demokratie, Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit, all das hat der Thronfolger nicht im Sinn. Freiheiten gewährt er nur, wenn sie seinen wirtschaftlichen Reformen dienen. Sein Kurs nach innen ist ein repressiver und ein zutiefst autoritärer.
Widerspruch duldet der 33-Jährige ebenso wenig wie Widerstand. Selbst mögliche Gegner in den eigenen Reihen ließ er das spüren: Mitglieder der weitverzweigten Familie sind in einer regelrechten Säuberungswelle als potenzielle Bedrohung gnadenlos ausgeschaltet worden. Die despotische Botschaft des faktischen Alleinherrschers lautet: Wage es keiner, den Prinzen und sein Handeln infrage zu stellen. Genau das hat Dschamal Kaschoggi getan – und es wurde ihm zum Verhängnis.
Niemand wird ihn zur Rechenschaft ziehen
Doch große Sorgen braucht sich bin Salman nicht zu machen. Niemand wird ihn zur Rechenschaft ziehen. Noch ist sein Rückhalt im Königshaus und im Land groß. Und der Westen duckt sich weg. Bloß nicht einen wichtigen Verbündeten und ölreichen Wirtschaftspartner vergrätzen, scheint das klägliche Motto zu sein. Schließlich geht es ums Geschäft. Dem wird Moral und eigentlich angebrachte Empörung untergeordnet. Das gilt für die mächtigen USA ebenso wie für das etwas weniger mächtige Europa und Deutschland. Da wird in beschwichtigendem Diplomatensprech „Aufklärung“ und „Transparenz“ angemahnt. Nichtssagender geht es kaum noch.
Im Fall Kaschoggi ist es so, wollte man so etwas wie eine rechtsstaatliche Unschuldsvermutung gelten lassen, als sei Saudi Arabien Angeklagter und Staatsanwalt zugleich.
schreibt NutzerIn carolina
Donald Trump macht es vor. Erst droht der US-Präsident mit „ernsthaften Konsequenzen“, um gleich darauf zurückzurudern und mit Hinweis auf einen „boshaften Killer“ der saudischen Führung einen Freibrief auszustellen. Wegen der Vorwürfe von den lukrativen Rüstungsgeschäften mit der Golfmonarchie Abstand nehmen? I wo! Schließlich ist Saudi-Arabien für Amerika als Verbündeter im Nahen Osten unverzichtbar. Nicht zuletzt im Kampf gegen den Iran.
Trump und Prinz Salman eint die Überzeugung, dass alles Üble in der Region Teherans bösartigem Verhalten geschuldet ist. Diese Allianz soll unter keinen Umständen gefährdet werden. Hinzu kommt: Die Saudis werden dringend gebraucht, um der arabischen Welt Trumps ultimativen Plan schmackhaft zu machen, der den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern beenden soll. Also, Ball flach halten.
Ähnlich sehen es offenbar Deutschland und Europa. Als Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland per Twitter Saudi-Arabien mahnte, die Menschenrechte nicht mit Füßen zu treten, kappte Riad sämtliche Kontakte zu dem nordamerikanischen Staat. Und die EU? Schwieg. Diese Art Leisetreterei dröhnt in den Ohren.
Dabei wäre es angebracht, den Autokraten am Golf klarzumachen, dass sie nicht nach Gutdünken schalten und walten können. Zum Beispiel mithilfe von Sanktionen. Die könnten sehr wohl wirkungsvoll sein. Denn um die Wirtschaft des Königreichs ist es nicht mehr zum Besten bestellt. Und Prinz Salman braucht viel Geld, wenn er seine Modernisierungspläne umsetzen will. Das könnte ein wirksames Druckmittel sein, um Saudi-Arabien Grenzen aufzuzeigen. Doch dafür braucht es vor allem eines: Haltung.
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