Geldpolitik der Zentralbanken: Der Sparer ist das Opfer
Die USA heben langsam die Zinsen an. Großbritannien hat erst am Donnerstag die Leitzinsen erhöht. Im Euroraum geschieht dies nicht. Das geht auf Kosten der Sparer.
Die Sparer sind bescheiden geworden. Notgedrungen. Sie bekommen keine Zinsen mehr, werden fürs Sparen nicht mehr belohnt. Immerhin: In den USA und Großbritannien ändert sich das gerade. Die Vereinigten Staaten heben langsam die Zinsen an – auch unter dem neuen Zentralbank-Chef Jerome Powell dürfte das so weitergehen. Großbritannien hat erst am Donnerstag die Leitzinsen erhöht, wohlgemerkt zum ersten Mal seit zehn Jahren. Die Briten trauen sich das, obwohl der Brexit enorme Unsicherheit auslöst. Und was passiert derweil im Euro-Raum? Nichts. Für die Sparernation Deutschland ist das bitter.
Wir legen heute Geld zur Seite, um uns in Zukunft mehr leisten zu können. Diese Logik verstehen selbst Kinder. Das Problem ist nur: Diese Logik gilt nicht mehr, Mario Draghi hat sie außer Kraft gesetzt. Anders als seine Kollegen in Großbritannien und den USA hält der Chef der Europäischen Zentralbank die Leitzinsen bei null Prozent. Und daran wird sich so schnell nichts ändern. Frühestens 2019 dürften die Zinsen hierzulande steigen, heißt es, und dann auch nur langsam.
Ohne Zinsen macht es mehr Sinn, das Geld zu verprassen
Doch ohne Zinsen macht es mehr Sinn, das Geld zu verprassen, als es zur Bank zu bringen. Jährlich entgehen den deutschen Sparern durch die Niedrigzinsen schon jetzt 6,8 Milliarden Euro. Geld, das für die Ausbildung der Kinder fehlt. Das man nicht fürs Eigenheim zur Seite legen kann. Geld, das man eigentlich bräuchte, um der Altersarmut vorzubeugen. Allein diese drei Beispiele zeigen, warum es ein Problem ist, wenn Sparer nicht mehr belohnt werden. Gefragt sind deshalb Notenbanker und Politiker. Aber auch die Sparer selbst.
EZB-Chef Draghi begründet sein gemächliches Vorgehen mit der niedrigen Inflation. Tatsächlich aber nimmt er so die Staaten im Süden Europas in Schutz, die sich ohne die Finanzspritze der Zentralbank kaum neu verschulden könnten. Dabei warnen Experten bereits vor neuen Finanzblasen, weil durch Draghis Politik zu viel Geld in die Aktien- und Immobilienmärkte fließt. So langsam sollte sich Draghi also ein Beispiel an den Briten und Amerikanern nehmen.
Auch die Politik muss handeln
Trotzdem macht man es sich zu leicht, wenn man nur mit dem Finger auf Draghi zeigt. Auch die Politik muss handeln. Nicht nur muss sie die Staaten im Süden noch konsequenter zu Reformen drängen. Sie darf auch die Sparer nicht allein lassen. Der deutsche Staat ist der größte Profiteur der derzeitigen Geldpolitik: Er kann sich so günstig Geld leihen wie nie. Da könnte man locker einen Teil dieser Ersparnis an den Sparer weitergeben. Möglichkeiten dafür gibt es. Die Politik könnte etwa das Gesetz für vermögenswirksame Leistungen nachbessern. Bekämen mehr Arbeitnehmer eine staatliche Förderung fürs Sparen, wäre das ein wichtiges Signal: Sparen lohnt sich doch.
Gleichzeitig müsste die Politik aber auch etwas für die Finanzbildung tun. Kürzlich erst hat eine Studie gezeigt, dass das Wissen über Geldanlagen in kaum einem EU-Land so schlecht ausgeprägt ist wie in Deutschland. Ausgerechnet die Sparernation ist also in Finanzdingen ungebildet – das ist fatal. An diesem Unwissen dürfte es auch liegen, dass nur 13 Prozent der Deutschen Aktien besitzen, obwohl das derzeit die einzige Möglichkeit ist, noch eine Rendite zu bekommen. Zumindest sollte niemand aus reiner Unwissenheit sein Geld auf dem Sparbuch liegen lassen. Denn bis es sich da verdoppelt, dauert es derzeit 135 Jahre.
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Carla Neuhaus
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