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Die SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.
© imago images/Ipon

SPD-Chefs Esken und Walter-Borjans in der Krise: Der Sozialdemokratie droht Absturz in die Bedeutungslosigkeit

Esken und Walter-Borjans werden nicht wirklich ernst genommen. Dabei braucht die SPD jetzt inhaltliche Autorität, sonst kommt es zur Spaltung. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die SPD findet immer noch nicht aus ihrem tiefen Tal. Von wegen 30 Prozent, die Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans als neue Parteichefs verheißen haben. Weit gefehlt. Gerade mal 0,5 Prozentpunkte haben sie zur letzten Umfrage hinzugewonnen, 13,5 insgesamt sind es jetzt. Aber selbst wenn es 14 Prozent wären: Das wird zum ernsten, zum Dauerproblem. Und schlimmer geht immer.

Die Sozialdemokraten müssen sich jetzt grundsätzlich entscheiden

Noch dazu, weil die zwei SPD-Vorsitzenden viel reden, viel fordern, gerne mehr Steuern und mehr Investitionen und mehr Rentenbeiträge und… Nur werden sie gar nicht mal ignoriert. Will sagen: Es schert die Etablierten, die Bundesminister*, voran Vizekanzler Olaf Scholz, so überhaupt nicht, was „Eskabo“ wollen, dass die einem schon fast leid tun. Ist ja auch bitter, wenn man denkt, man hat die Macht, aber der Rest über einen lacht. Hinter vorgehaltener Hand natürlich.

Da kann sich jeder ausrechnen, dass es irgendwann knallen wird. Denn wenn Esken und Walter-Borjans das ewig hinnehmen, ist ihre Autorität noch schneller dahin als bei Andrea Nahles. Die auch nicht eben lange SPD-Chefin war, von April ’18 bis Juni ’19.

Fast täglich gibt es neue Beispiele von Führungslosigkeit. Damit ist nicht autoritäres Verhalten gemeint, sondern inhaltliche Autorität. Die wäre zum Beispiel wichtig, um bei Großprojekten wie dem Kohleausstieg oder der Grundrente nicht wieder Streit hochkochen zu lassen.

Dass der Bundesregierung aus der Kohlekommission Unseriosität vorgeworfen wird, strahlt doch aus. Einmal, weil an der Regierung bekanntlich die SPD beteiligt ist. Zu ihrem Leidwesen. Das verstärkt wird. Dazu werden aber auch betroffene Ministerpräsidenten wie der Brandenburger Dietmar Woidke lädiert. Oder die Grundrente: Der wird aufs Neue von Expertenseite die Machbarkeit bestritten. Wen trifft das? Sozialminister Hubertus Heil. Ganz schlimm wird es, wenn die Linke mit ihrer Forderung nach Steuersenkungen die SPD altlinks aussehen lässt.

Aufgabe von Esken und Walter-Borjans in der SPD wird immer schwieriger

Hier überall wäre Unterstützung von Seiten der Partei gut. Am besten von oben und mit Ansagen, die überzeugen. Womit nicht Durchhalteparolen gemeint sind.
Die Sozialdemokraten müssen sich jetzt entscheiden, und zwar grundsätzlich. Die einen links, die anderen, na ja, halbrechts, wohin führt das? Genau: am Ende zur Spaltung. Auch darüber redet der eine oder andere inzwischen: über eine sozialliberale Partei. Eine Abspaltung ist aber auch nichts anderes als eine Spaltung. Und eine Abspaltung, da darf sich keiner Illusionen hingeben, wäre eine weitere Marginalisierung der Sozialdemokratie.

Mag ihr Potenzial bei etwa 40 Prozent liegen, bei einem Wert wie zu Zeiten Gerhard Schröders, mit Millionen mehr Wählern als heute – wenn sich das Potenzial stante pede aufteilt, wird das trotzdem nichts mit der Regierungsübernahme. Es können nicht alle überall hinrennen, sie müssen schon zusammenbleiben. Wie sie sich auch dreht und wendet, die SPD hat noch einen Weg vor sich. Nur wohin? Die Aufgabe von Esken und Walter-Borjans wird, so scheint es, mit jedem Tag schwieriger.

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