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Erklärt gerne, wo es langgeht: Olaf Scholz und seine Mit-Kandidatin um den Parteivorsitz, Klara Geywitz.,
© imago images / Jens Schicke

Das Rennen um den SPD-Vorsitz: Der Scholz-Zug stottert

Kaum hat der Finanzminister seine Bewerbung verkündet, macht der linke Parteiflügel gegen ihn mobil. Seine Chance: Es treten viele zu linke Kandidaten an.

Olaf Scholz kennt seine SPD zu gut, um nicht geahnt zu haben, dass seine Kandidatur um den Vorsitz der Partei sofort seine innerparteilichen Gegner auf den Plan rufen würde. Vor allem Vertreter des linken Parteiflügels machen inzwischen auf vielen Kanälen mobil gegen den früheren Hamburger Bürgermeister. Die nordrhein-westfälischen Jusos etwa fahren eine Kampagne gegen ihn. Auf Facebook verbreitet der Parteinachwuchs des mitgliederstärksten SPD-Landesverbandes die Frage „Ein linker Sozialdemokrat?“ neben einem Foto des grimmig dreinschauenden Vizekanzlers, das wie aus einem Steckbrief wirkt. Unter dem Titel „Sieben Fakten über Olaf Scholz“ listen sie auf, dass der „einer der größten Anhänger der Agenda 2010-Reformen“ sei und als Finanzminister die „Austeritätspolitik“ seines Vorgängers Wolfgang Schäuble fortsetze.

Auch der Wortführer des linken Flügels, Ralf Stegner, der gemeinsam mit Gesine Schwan gegen Scholz und dessen Partnerin Klara Geywitz antritt, attackiert in sozialen Netzwerken den Vizekanzler. Er verbreitet auf Twitter einen Ausschnitt aus Sandra Maischbergers Talksendung, in der Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf die Frage, ob er als SPD-Chef Scholz oder Stegner favorisiere, hämisch lachend sagt: „Eindeutig Olaf Scholz.“ Weil Söder nicht nur für Sozialdemokraten vom linken Flügel ein rotes Tuch ist, lautet die subtile Botschaft Stegners: Nur wer einen Vorsitzenden will, der mit den Schwarzen kuschelt, muss Olaf Scholz wählen.

Die Attacken sind Hinweise darauf, dass die späte Entscheidung des Finanzministers die SPD hart polarisiert. Zudem ist Scholz kein Traumstart in seine Kandidatur gelungen. Früh hatte er sich nach dem Rücktritt von Andrea Nahles kategorisch festgelegt, dass der Parteivorsitz mit seinen Regierungsaufgaben nicht zu vereinbaren sei - eine Behauptung, die entweder damals oder heute falsch sein muss und durch den Hinweis auf einen eigenen Meinungswandel nicht aus der Welt zu schaffen ist.

Auch der Streit um die Umstände der Ankündigung seiner Kandidatur gegenüber den drei kommissarischen Parteichefs könnte Scholz schaden. Es steht nach vollmundigen Ankündigungen, wonach die „Zeit der Hinterzimmer-Entscheidungen“ vorbei sei, der Verdacht im Raum, die Übergangs-Führung habe sich im Geheimen mit dem Finanzminister abgesprochen oder ihn sogar favorisiert. Die „Bild“-Zeitung verlangte in großer Aufmachung („Warum rücken Sie nicht mit der Wahrheit raus, Herr Vizekanzler?“) eine Klarstellung von ihm und fand mit Simone Lange und Karl Lauterbach sogar zwei Gegen-Kandidaten für den SPD-Vorsitz, die sich die Forderung des Boulevardblattes zu eigen machten. Lauterbach erklärte allerdings später gegenüber dem Tagesspiegel, die Sache sei nun für ihn erledigt.

Vor allem die Groko-Befürworter in der SPD, darunter viele Bundestagsabgeordnete, Ministerpräsidenten und Oberbürgermeister, setzen auf den Hamburger, weil sie wie Scholz die Koalition im Bund unbedingt fortsetzen möchten. Dass die Gegner trotzdem nach wie vor für den Ausstieg trommeln, nervt die Konservativen unter den Sozialdemokraten. „Dieser Knatsch muss endlich aufhören“, fordert ein Spitzengenosse.

Im Willy-Brandt-Haus versucht man deshalb auch, das Groko-Thema herunterzuspielen. Am vergangenen Mittwoch verschickte die Parteizentrale die Ergebnisse einer parteiinternen Online-Umfrage. Demnach wollten die Mitglieder von den Kandidaten vor allem Antworten auf Fragen nach Klimakrise, Umverteilung und zur Zukunft der SPD - nicht aber zur Groko. Im Rennen um den Parteivorsitz spielten Fragen nach Koalitionen „nur eine sehr nachgeordnete Rolle“, heißt es im Willy-Brandt-Haus.

In der Breite der Partei sieht man das jedoch anders. „Die Groko-Frage wird uns den ganzen Wettbewerb lang beschäftigen", prophezeit ein Bundestagsabgeordneter. Davon ist in der Tat auszugehen. Nicht nur vehemente Groko-Gegner wie die Teams Lauterbach-Scheer und Lange-Ahrens werden dafür sorgen. Scholz dürfte dagegenhalten. Das Rennen um den Parteivorsitz wird damit auch zur Abstimmung über die Groko.

Scholz könnte allerdings davon profitieren, dass im Kandidatenrennen vom Team Stegner-Schwan bis hin zu Lauterbach-Scheer insgesamt fünf Teams mit einem dezidiert linken Profil antreten, die sich teilweise gegenseitig bekämpfen. Die Mitglieder des linken Parteiflügels wollten nun ausloten, ob eine Allianz gegen Scholz und dessen stärkste Konkurrenten Boris Pistorius und Petra Köpping möglich ist. Dafür müssten allerdings vor der Abstimmung der Mitglieder im Oktober die schwächeren Teams zugunsten des stärksten Links-Duos ihren Verzicht erklären.

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