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Let's go Handelskrieg! Donald Trump hat Strafzölle auf Stahl und Aluminium angekündigt.
© dpa

US-Strafzölle: Der scheinheilige Aufstand der Freihändler

Seit Donald Trump auf Handelskrieg setzt, zetern seine Gegner - die plötzlich vergessen haben, dass sie selbst, Stichwort TTIP, auch nicht immer nur freien Handel wollten. Ein Zwischenruf.

Erstaunlich, wer heute auf einmal zu den Freihändlern zählt: Seit US-Präsident Donald Trump am vergangenen Donnerstag Strafzölle auf den Import von Stahl und Aluminium ankündigte, wird der Protektionismus der Amerikaner hart verurteilt. Von den Grünen, der politischen Linken, den Intellektuellen in der Kultur- und Medienbranche. Zu Recht. Doch die neuen Freunde des freien Welthandels haben dem Protektionismus selbst die Tür geöffnet. Sie müssen sich schon fragen lassen, warum sie in den vergangenen Jahren alles taten, um vernünftige Abkommen zum freien Handel zu verhindern. Damit haben sie den Boden für Trumps gefährlichen Irrtum bereitet, aus einem globalen Handelskrieg Vorteile für die USA ziehen zu können.

Nur zur Erinnerung: Jahrelang wurde zwischen der Europäischen Union und den USA um ein Handels- und Investitionsabkommen TTIP gerungen. Das hätte den größten Handelsraum der Welt geschaffen. Es hätte das Wirtschaftswachstum und die Verflechtung der Volkswirtschaften gefördert. Hunderttausende gingen dagegen auf die Straße.

Ist man dagegen, weil es von Trump kommt?

Nichtregierungsorganisationen erfanden das Chlorhühnchen, das brave Europäer angeblich essen müssten, wenn TTIP käme. Die politische Linke beklagte, dass intransparente Schiedsgerichte abseits nationalen Rechts geschaffen werden sollten. Das Kapital werde die Weltherrschaft übernehmen. Die politische Rechte sorgte sich indes um den Schutz regionaler Spezialitäten wie Printen, Schwarzwälder Schinken und Obazda.

Jetzt aber denken alle wieder groß. Sie fürchten Handelskriege, die am Ende allen schaden. Sie beschweren sich, dass die Amerikaner keine Richter für die fabelhaften Schiedsgerichte benannt haben, die den drohenden Handelskrieg um Stahl und Aluminium verhindern könnten.  Sie klagen, dass Protektionismus dem Wohlstand und dem Einvernehmen der Völker schadet.

Sie haben Recht. Und doch fragt man sich, ob die Erkenntnis tatsächlich an der Sache orientiert ist. Wird sie noch zu finden sein, wenn Donald Trump nicht mehr Präsident der Vereinigten Staaten ist? Oder gibt es sie nur, weil man in Europa jetzt gegen alles sein muss, was der amerikanische Präsident will? Nur ersteres wäre ein Fortschritt.

Ursula Weidenfeld

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