Präsidentenwahl in Bulgarien: Der „rote General“ stürzt die Regierung
Der russlandfreundliche Ex-Luftwaffenchef Rumen Radew gewinnt die Präsidentenwahl in Bulgarien. Nun steuert das osteuropäische Land wieder in eine Zeit der politischen Unsicherheit.
Für Rumen Radew, den ehemaligen Kommandeur der Luftstreitkräfte, war es eine perfekte Landung. Für Boiko Borissow, Bulgariens väterlich-brummelnden Regierungschef, das Signal, den Schleudersitz auszulösen. Am Morgen nach dem deutlichen Sieg Radews bei den Präsidentenwahlen informierte ein frustrierter Borissow das Parlament über den Rücktritt seiner Regierung.
Borissows Kandidatin, die amtierende Parlamentspräsidentin Tsetsa Tsatschewa, war in der Stichwahl am Sonntag nur auf knapp 36 Prozent gekommen. Rumen Radew jedoch, der Kandidat der sozialistischen Opposition, auf fast 60 Prozent. Nur vier Prozent der Wähler machten von der neuen Möglichkeit Gebrauch, explizit für keinen der Kandidaten zu stimmen. Mit dem „roten General“, wie Radew von seinen Kritikern genannt wird, wollte der rechte Regierungschef Borissow nicht zusammenarbeiten.
Nun steuert Bulgarien wieder in eine Zeit der politischen Unsicherheit – eine neue Regierung wird aller Wahrscheinlichkeit nicht zustande kommen. Der scheidende Staatspräsident Rossen Plewneliew muss deshalb zum dritten Mal in vier Jahren ein Technokratenkabinett zusammenstellen. Es wird länger als seine Vorgänger amtieren, denn vorgezogene Neuwahlen sind wegen des Präsidentenwechsels und den damit verbundenen verfassungsrechtlichen Vorgaben erst im März oder April 2017 möglich. Ihren Haushaltsentwurf für 2017 zog die Regierung Borissow am Montag gleich zurück.
Radew ließ noch in der Wahlnacht mit Lob für den nächsten US-Präsidenten aufhorchen. Auch der 53-jährige Ex-General ist wie Donald Trump ein Neuling in der Politik. Trump habe in seinem Wahlkampf einen besseren Dialog mit Russland versprochen, so erklärte Radew: „Das gibt uns Hoffnung, eine große Hoffnung für eine friedliche Lösung der Konflikte sowohl in Syrien und in der Ukraine und für eine Verringerung der Konfrontation.“
Die russlandfreundliche Wählerschaft reicht in Bulgarien von den Sozialisten bis zur rechtsradikalen Protestpartei Ataka. Sie hält nichts von den EU-Sanktionen gegen Russland nach der Annektierung der Krim und dem Separatistenkrieg in der Ukraine. Und sie bedauert das Ende des South-Stream-Projekts, das Erdgas von Russland über das Schwarze Meer durch Bulgarien nach Europa bringen sollte, ebenso wie den Baustopp für ein neues Atomkraftwerk. 600 Millionen Euro Entschädigung muss das verarmte Bulgarien für den geplatzten Vertrag an Russland zahlen.
In keinem anderen EU-Staat ist Russland wirtschaftlich fester verankert, heißt es in einer Studie zweier NGOs in Sofia und Washington. Bulgarien sei ein vom Kreml „gekaperter Staat“. 27,5 Prozent der Wirtschaftsleistung waren 2012 mit Russland verbunden – Handel, Direktinvestitionen in Bulgarien, Aktienanteile an bulgarischen Unternehmen, Öl- und Gasimporte. Seither ist der Anteil nur leicht gesunken. Der scheidende Präsident Plewneliew hatte oft gewarnt, Bulgarien dürfe nicht zum Einfallstor Russlands in die EU werden.