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Sie will inspirieren. Nicki Pawlow schreibt „Lebenstexte“, in denen sich viele wiederfinden. Regelmäßig sind ihre Texte im Tagesspiegel Steglitz-Zehlendorf zu lesen.
© Carsten Kampf

Zeitung im Salon: Mein Vater, der Arzt aus Bulgarien

DDR, Psychiatrie, Flucht nach Westen: Im Tagesspiegel-Salon stellt Nicki Pawlow ihren Familienroman "Der bulgarische Arzt" vor.

Flucht ist ihr Thema, einfach, zweifach, dreifach. Die erste Flucht erlebte Nicki Pawlow, als sie mit ihrer Familie aus der DDR nach Westdeutschland floh; da war sie 13. Danach, bis ins Erwachsenenalter, floh sie weiter: vor der Auseinandersetzung mit ihrem Vater, dem liebenswerten, manchmal hassenswerten Psychiater aus Bulgarien. Und auch jetzt, da die Schriftstellerin einen autobiografischen Roman veröffentlicht hat, in dem sie die Geschichte ihrer Familie verarbeitet, lässt sie das Thema Flucht nicht los: Nicki Pawlow engagiert sich in ihrem Heimatbezirk Zehlendorf für Flüchtlinge, gibt Frauen Deutsch- und Alphabetisierungskurse.

Tagesspiegel-Leser kennen die 52-jährige Autorin vom Tagesspiegel Steglitz-Zehlendorf – für ihn schreibt Nicki Pawlow regelmäßig, sei es über die Krumme Lanke, über Flüchtlingsunterkünfte oder das Hundeverbot am Schlachtensee. Hier, in der Nähe der Krummen Lanke, wo sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern wohnt, hat sie ihren Roman „Der bulgarische Arzt“ geschrieben, ein Werk von fast 500 Seiten. „Ursprünglich waren es sogar 700!“, sagt sie, der Verlag bat sie zu kürzen. Es muss aus ihr rausgeflossen sein, diese Geschichte von Wantscho und Rose, dem Psychiater aus Bulgarien und der blonden jungen Frau aus Sachsen-Anhalt, die so sehr ihren Eltern ähneln, aber im Roman anders heißen, Nikolow.

Das Schreiben hat ihr Befreiung gebracht

Den Anstoß dazu gab der Tod ihres Vaters; der Roman beginnt und endet mit Szenen, in denen die Tochter den sterbenden Vater besucht. „Ich habe dieses Buch erst nach dem Tod meines Vaters schreiben können“, erzählt Nicki Pawlow. „Das Schreiben war eine Befreiung und hat mir viel Klarheit gebracht. Das war eine existenzielle Sache, das musste raus. Jeder hat einen Rucksack zu tragen, den er irgendwann auspacken muss.“

Im September wird Nicki Pawlow ihr Buch im Tagesspiegel-Salon vorstellen. Die Hauptfiguren des Romans, Wantscho und Rose, lernen sich in der DDR kennen, verlieben sich, heiraten, ziehen zusammen nach Bulgarien, wo Rose jedoch die ärmlichen Verhältnisse nicht aushält. Sie kehren in die DDR zurück und bekommen in Thüringen eine Tochter, die nicht Nicki heißt, sondern Nelli. Jeden Sommer geht es zum Urlaub nach Bulgarien und zur Großfamilie.

Ihren Roman "Der bulgarische Arzt" stellt die Autorin am 22. September im Tagesspiegel-Salon vor. Beginn ist 19 Uhr, der Eintritt inklusive Sekt und Snack beträgt 16 Euro, Askanischer Platz 3. Anmeldung unter www.tagesspiegel.de/salon. Telefon: 29021-560.
Ihren Roman "Der bulgarische Arzt" stellt die Autorin am 22. September im Tagesspiegel-Salon vor. Beginn ist 19 Uhr, der Eintritt inklusive Sekt und Snack beträgt 16 Euro, Askanischer Platz 3. Anmeldung unter www.tagesspiegel.de/salon. Telefon: 29021-560.
© promo

Wantscho, der sanfte Mann mit dem dichten Haar und einem durch Kinderlähmung verkürzten Bein, engagiert sich bis zur Erschöpfung für seine Patienten in der Psychiatrie. Doch zu Hause wird er zunehmend unleidlich, depressiv, gewalttätig, Frau und Tochter leiden unter seinem Jähzorn und Alkoholismus. Als der bei den Patienten so beliebte Arzt von Kollegen und Chefs degradiert und politisch drangsaliert wird, beschließen die Eltern, nach Westdeutschland zu fliehen – für die Tochter eine Entwurzelung, die lange nachwirkte. „Wie sehr mich der Heimatverlust belastet hat, habe ich viele Jahre nicht wahrhaben wollen“, sagt Nicki Pawlow heute. „Erst als mein Mann einmal vorschlug, von Berlin nach Köln zu ziehen, merkte ich, dass das alles wieder aufbrach und ich Panik kriegte: nicht noch einmal alles aufgeben!“

Ihre "Lebenstexte" sind persönlich. Einer davon ist als Hörbuch und ebook erschienen

Nicki Pawlow hat für den Roman viel recherchiert, ihre deutsche und bulgarische Familie befragt. Sie lässt im Buch das Bulgarien der sechziger Jahre auferstehen, das Leben in der DDR und die Zustände in der Psychiatrie, die Atmosphäre in der Bundesrepublik in den Siebzigern. Das gelingt ihr so gut und präzise, dass die 500 Seiten nicht langweilig werden. „Noch ein so langes Buch werde ich aber sicher nicht schreiben“, glaubt sie. Jetzt arbeitet sie eher an kürzeren „Lebenstexten“, persönlichen Texten, mit denen die Autorin, die auch als Vortragsrednerin arbeitet, Menschen inspirieren möchte. Einer davon – „Später! Wird das Leben schön“ – ist soeben als Hörbuch und ebook erschienen.

Zu den interessantesten Lebenserfahrungen der letzten Zeit zählt sie die Begegnung mit geflüchteten Frauen. Darüber hat sie im Zehlendorf Blog geschrieben: wie sie, um ihre Angst zu überwinden, aktiv wurde. „Ich wollte mir endlich selbst ein Bild machen. Ich habe mich auf die Flüchtlinge zubewegt. Kam mit ihnen in Berührung. Und wurde berührt.“ Auch darüber wird sie beim Tagesspiegel-Salon sprechen. Und natürlich über Zehlendorf, wo man so gelassen, fast dörflich leben kann. Wo sie Familie, Nachbarn, Schreibtisch hat, wo sie zu Hause ist. Angekommen eben.

Mehr Informationen über Nicki Pawlow unter www.nickipawlow.de

BUCHVERLOSUNG

Wir verlosen Exemplare des Buchs. Mitmachen können Sie unter www.tagesspiegel.de/gewinnen oder Sie schreiben eine Postkarte an Der Tagesspiegel, Askanischer Platz 3, 10963 Berlin, Stichwort „Salon“, bis zum 25. August.

Zeitung im Salon mit Nicki Pawlow, Donnerstag, 22. September. Beginn 19 Uhr, Eintritt inkl. Sekt und Snack 16 Euro, Askanischer Platz 3, Anmeldung unter www.tagesspiegel.de/salon und Telefon 29021-560.

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