Gregor Gysi kann es nicht lassen: Der neue "Chef-Außenpolitiker" der Linken
Ende 2015 hatte er sich aus der ersten Reihe zurückgezogen, nun übernimmt Gregor Gysi doch wieder ein Amt - als außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion.
Er kann es offenbar nicht lassen. Gregor Gysi, 72 Jahre alt, übernimmt nach Jahren als Hinterbänkler im Bundestag ein neues politisches Amt. Am Dienstag hat der Linken-Politiker sich zum außenpolitischen Sprecher der Linksfraktion wählen lassen.
Seine erste Rede in neuer Funktion hält er am Donnerstag zu einem Antrag mit dem plakativen Titel: „Geld für das Gesundheitssystem statt für atomwaffentragende Kampfbomber“. Der dürfte nach Gysis Geschmack sein: Ein scharfzüngiger Redner war der Rechtsanwalt schon immer, rhetorisch versiert, gerne spöttisch.
Zuletzt war es ruhiger um Gysi geworden. Ende 2015 hatte er sich aus der ersten Reihe zurückgezogen. Nach der Wende war er die zentrale Führungsfigur der PDS, später führte er jahrelang mit Oskar Lafontaine die Linken-Bundestagsfraktion. Gemeinsam sorgten sie dafür, dass die Linke zur gesamtdeutschen Partei wurde.
Doch Gysis Hoffnung, die Linke auch im Bund in Regierungsverantwortung zu führen, erfüllte sich nicht. Parteifreunde sagten ihm nach, er wäre gerne Außenminister einer rot-rot-grünen Bundesregierung geworden. Ob er in den eigenen Reihen ausreichend für die Regierungsfähigkeit kämpfte, da gehen die Meinungen auseinander.
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Die Außenpolitik jedenfalls hat ihn immer wieder umgetrieben. Oft rieb Gysi sich dabei an Positionen seiner Parteifreunde, etwa wenn es um das Verhältnis seiner Partei zu Israel ging. 2008 hielt er eine viel beachtete Rede, in der er sich – deutlicher als seine Genossen zuvor – zur deutschen Verantwortung für Israel bekannte. Er kritisierte das mangelnde Verständnis der DDR für die Sicherheitsinteressen Israels und warnte vor linkem Antizionismus.
Die klare Haltung in dieser Frage hat er mit seinem Amtsvorgänger Stefan Liebich gemeinsam. In der Arbeitsgruppe Außenpolitik der Fraktion war Liebich mit seinem realpolitischen Kurs in Minderheit. Auch wenn es um das Verhältnis zu manch umstrittenem Diktator ging, forderte Liebich von seinen Parteifreunden mehr Distanzierung ein. Im Februar kündigte er überraschend an, zum Ende der Wahlperiode aus dem Parlament ausscheiden zu wollen. Sein Amt als außenpolitischer Sprecher wollte er schon früher abgeben.
Nun tritt ausgerechnet Gysi in seine Fußstapfen. Vielleicht, weil er es noch mal wissen will. Vielleicht aber auch, weil es nicht genügend Außenpolitiker in der Fraktion gibt, die nach Ansicht der Führung der Mitte der Gesellschaft vermittelbar wären.