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Der heutige türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einer Wahlkampfrede in Istanbul im Februar 2014.
© dpa

Debatte im Bundestag: Der lange Arm Erdogans

Bei einer Türkei-Debatte im Bundestag wirft Grünen-Fraktionschefin Göring-Eckardt dem türkischen Präsidenten fortgesetzte Verstöße gegen die Meinungsfreiheit vor: "Herr Erdogan ist Wiederholungstäter"

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan fortgesetzte Verstöße gegen die Meinungsfreiheit vorgeworfen. „Herr Erdogan ist Wiederholungstäter“, sagte Göring-Eckardt am Mittwoch im Bundestag bei einer Aktuellen Stunde zum Umgang mit der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei, die von den Grünen beantragt worden war. Sie erinnerte dabei an die Verweigerung der Akkreditierung für den „Spiegel“-Korrespondenten Hasnain Kazim und das harte Vorgehen gegen die regierungskritische Zeitung „Cumhuriyet“. Erdogan nehme Kritik als „Majestätsbeleidigung“ wahr, sagte sie.

Göring-Eckardt: Merkel hätte sich mit Journalisten treffen müssen

Die Grünen-Fraktionschefin machte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Vorwurf, sich bei ihrer Reise in die Türkei am vergangenen Wochenende nicht mit Journalisten und Oppositionellen getroffen zu haben. Dies wäre eine Chance gewesen, auf den Wert der Meinungsfreiheit hinzuweisen, erklärte sie.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.
© picture alliance / dpa

Mit Blick auf die Ermächtigung der Bundesregierung für eine Strafverfolgung des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann forderte Göring-Eckardt, den umstrittenen Paragrafen 103 des Strafgesetzbuches zur Beleidigung eines Staatsoberhauptes sofort abzuschaffen. Ähnlich äußerte sich auch der SPD-Abgeordnete Martin Dörmann. „Lassen Sie uns diese unselige Sondervorschrift sofort streichen“, sagte er. Merkel hatte die Abschaffung der Regelung zum Jahr 2018 angekündigt.

Linken-Fraktionschef Bartsch: "Erpressungen" müssen aufhören

„Der lange Arm Erdogans reicht inzwischen sehr weit“, kritisierte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch angesichts des Protestes der Türkei gegen das Konzertprojekt „Aghet“ der Dresdner Sinfoniker, bei dem der Genozid an Armeniern thematisiert wird. Während Bartsch erklärte, dass derartige „Erpressungen“ aufhören müssten, wies Elisabeth Motschmann (CDU) den Vorwurf zurück, die Bundesregierung sei unter Druck, weil sie in der Flüchtlingskrise auf die Zusammenarbeit mit der Türkei angewiesen sei. Der CSU-Mann Hans-Peter Uhl sprach sich dafür aus, an Grenzkontrollen an den Binnengrenzen innerhalb des Schengen-Raums festzuhalten, „um uns diesem Herrn nicht ganz auszuliefern “ – womit er Erdogan meinte.

Bundestag will Anfang Juni über Armenien-Resolution beraten

Zur Belastungsprobe für die deutsch-türkischen Beziehungen könnte ein Antrag werden, den der Bundestag am 2. Juni beraten will. In diesem sollen die Massaker, welche die Türken im Osmanischen Reich vor 100 Jahren verübt haben, als Völkermord eingestuft werden. Ursprünglich sollte es schon vor einem Jahr eine fraktionsübergreifende Armenien-Resolution geben, doch diese wurde wegen Vorbehalten in Teilen der großen Koalition vertagt. Im Februar verabredeten Grünen-Chef Cem Özdemir und Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU), dass es doch noch einen gemeinsamen Antrag geben solle. Darin soll der Völkermord klar als solcher benannt werden.

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