Türkei, Armenien und die Meinungsfreiheit: Appelle und Proteste wegen türkischer Intervention bei Dresdner Konzertprojekt
Nach der Intervention der Türkei bei der EU-Kommission: Politiker und Kulturschaffende fordern klare Haltung der Bundesregierung im Streit um das Armenien-Konzertprojekt der Dresdner Sinfoniker.
Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Die Linke) erwartet von der Bundesregierung eine klare Haltung im Streit um das Konzertprojekt "Aghet" zu den Massakern an den Armeniern 1915. Sie dürfe dessen Förderung nicht von EU und der Türkei in Frage stellen lassen. „Kein Maulkorb für die Kunst“, mahnte Klepsch am Dienstag in einer Mitteilung. Kunst müsse und dürfe zur Völkerverständigung durch Vergangenheitsbewältigung auch unbequem sein. Zudem stehe die Kunstfreiheit im Grundgesetz unter besonderem Schutz. „Und auch wenn es nicht Jedem passt: Das Grundgesetz gilt auch in Dresden.“
Am Wochenende hatte die Nachricht, dass die Türkei auf EU-Ebene wegen der Förderung des im November 2015 uraufgeführten Konzertes interveniert hatte, für Proteste gesorgt. Die ständige Vertretung der Türkei bei der EU verlangte von der EU-Kommission, die kulturelle Förderung in Höhe von 200.000 zu streichen sowie den Begriff "Völkermord" aus der Projektbeschreibung zu entfernen. Die EU-Kommission löschte daraufhin den kompletten Text, man wolle sich mit den Veranstaltern auf eine Neu-Formulierung einigen, hieß es.
Am Samstag soll das Konzert im Festspielhaus Hellerau gespielt werden
Bei den Massakern an den Armeniern im Jahr 1915 kamen Schätzungen zufolge zwischen 800 000 und 1,5 Millionen Angehörige der christlichen Minderheit im Osmanischen Reich ums Leben. Die Türkei bestreitet, dass es sich dabei um einen Völkermord handelte, sie verfolgt seit Jahren all Autoren und Aktivisten, die etwas anderes behauptet. Der Journalist Hrant Dink wurde deshalb verurteilt, er fiel später einem Mordanschlag zum Opfer. Auch Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk war wegen "Beleidigung der Türkei" zu Geldstrafen verurteilt worden.
Das durch mehrere Länder tourende Konzert soll am Samstag im Dresdner Festspielhaus Hellerau gespielt werden. Auch das dortig Europäische Zentrum der Künste in Dresden will sich wegen des geplanten Aghet-Konzerts nicht knebeln lassen. „Wir werden uns davon keineswegs einschüchtern lassen, Genozid weiter Genozid nennen und historisch belegte Verbrechen gegen die Menschlichkeit als solche bezeichnen, seien sie von Deutschen, von Türken oder von wem auch immer zu verantworten“, erklärte Intendant Dieter Jaenicke. Von der Reaktion der Türkei nach dem Fall Böhmermann zeigte er socj nicht überrascht: „Sie ist konsequent: erst die Presse, dann die Satire, jetzt Kunst und Musik. Die Anmaßung ist komplett und bedarf klarer Worte der Bundesregierung und der EU“, betonte der Intendant.
Hellerau habe in den vergangenen Jahren die Trilogie über die Kulturen Anatoliens und der Kaukasus-Region von Marc Sinan, Markus Rindt und den Dresdner Sinfonikern koproduziert und im Festspielhaus vorgestellt. "Aghet" sei nach „Hasretim“ und „Dede Korkut“ der letzte Teil dieser Trilogie, erklärte Jaenicke. Die Bundesregierung müsse sicherstellen, dass für die involvierten Künstler keine persönliche Bedrohung entstehen kann. dpa/Tsp
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