40. Jahrestag der Islamischen Revolution: Der Iran zwischen Feierstimmung und Krise
Der Klerus im Iran behauptet, auch 40 Jahre nach der Revolution das Volk weiterhin hinter sich zu haben. Die Realität sieht anders aus.
Mit Großkundgebungen im ganzen Land haben im Iran am Montag die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der islamischen Revolution begonnen. In Teheran versammelten sich am Morgen mehr und mehr Menschen auf dem Friedensplatz, wo jedes Jahr mit einer Kundgebung an den 11. Februar 1979 gedacht wird. Irans Präsident Hassan Ruhani pries bei der Massenkundgebung die Stabilität seines Landes. Die "Verschwörung" der USA, Israels und anderer "reaktionärer Staaten" im Nahen Osten gegen Teheran sei zum Scheitern verurteilt, sagte Ruhani am Montag.
Schon die vielen Menschen auf den Straßen des Landes zeigten, dass der "Feind seine teuflischen Ziele" niemals erreichen werde, sagte er. Weiterhin machte er deutlich, dass der Iran trotz wachsender internationaler Bedenken aufrüsten und sein Raketenprogramm vorantreiben wolle: "Wir haben nicht und wir werden nicht um Erlaubnis fragen, um verschiedene Raketen-Typen zu entwickeln."
Aus Anlass der Feiern hat die Regierung Begnadigungen und Straferlässe für 50.000 Gefangene angekündigt. Ob die Amnestie auch für politische Gefangene gilt, blieb offen. Der 40. Jahrestag ist von den erneuten Sanktionen der USA überschattet, die das Land in den letzten Monaten in eine politische und wirtschaftliche Krise geführt haben.
Außenpolitische Spannungen, Machtkämpfe und eine fragile Wirtschaft
Am 11. Februar 1979 war im Iran das Ende der Monarchie verkündet worden. Einen Monat später wurde die Islamische Republik gegründet. Als Revolutionsführer und Gründer des schiitischen Gottesstaates gilt deren erster oberster Führer, Ajatollah Ruhollah Chomeini, der von seinem Exil in der französischen Gemeinde Neauphle-le-Château aus den Sturz der Monarchie vorbereitet hatte.
Die 40 Jahre Islamische Republik seither fasste der iranische Satiriker Ali Mirfattah in einem Satz zusammen: „Aus den Monarchisten wurden keine islamischen Revolutionäre, aus vielen Revolutionären aber Monarchisten.“
Irans Klerus sieht das ganz anders. Die Iraner stehen nach Ansicht der Geistlichen zu den Prinzipien der Revolution: Unabhängigkeit, Freiheit und islamische Republik. Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA spricht von einem „robusten Baum“, der „unbesiegbar“ sei.
Die Realität sieht aber anders aus. Außenpolitische Spannungen, innenpolitische Machtkämpfe zwischen Reformern und Hardlinern und eine fragile Wirtschaft dominieren das Land. Zudem wurde mehr als die Hälfte der jetzigen Bevölkerung – also mehr als 40 Millionen Menschen – nach der Revolution geboren. Für sie sind die Kriterien ihrer Eltern oder Großeltern aus den 1980er Jahren nicht mehr tragbar. Dies haben sie auch bei diversen Protesten deutlich gemacht.
Ein weiteres Problem für viele Iraner ist die Nahostpolitik des Landes. Sie fragen, warum Geld für arabische Freiheitsbewegungen oder den Überlebenskampf des syrischen Machthabers Baschar al-Assad ausgeben wird, wenn es das Volk selbst weitaus dringender brauche. „Nicht Gaza, nicht Libanon, wir opfern uns nur für den Iran“ war eine Parole bei den Straßenprotesten im vergangenen Jahr.
Selbst Ruhani hält Verjüngung der Führung für nötig
Eine wichtige Plattform für Kritiker und deshalb ein großes Problem für den Klerus - ist das Internet. Was noch vor einigen Jahren nicht offen gesagt werden durfte, ist nun jeden Tag in den sozialen Medien zu lesen. Daher fordern Klerus und Hardliner strengere Internet-Kontrollen, die aber auch innerhalb des Regimes umstritten sind. „Wenn das Internet oder andere Realitäten des 21. Jahrhunderts nicht richtig eingeschätzt werden, könnte dies zu einem gefährlichen Generationenkonflikt führen,“ warnt sogar Präsident Hassan Ruhani.
Ruhani ist sogar der Auffassung, die Führung müsse sich verjüngen. „Die Verantwortlichen in unserem Land sind nun mal in einem Alter, wo sie längerfristig nicht mehr viel bewegen können“, so Ruhani. Auch die Nachfahren der Architekten der Revolution sind besorgt. „Es gibt in der Tat keine Garantie, dass wir für immer bleiben“, sagt Hassan Chomeini, Enkel des 1989 gestorbenen Ayatollahs.
Chomeini gilt als Kopf und Herz der islamischen Revolution. Er stellte sich zeitlebens gegen die Monarchie sowie gegen die USA und besonders gegen Israel. Nach der Rückkehr aus 14 Jahren Exil ernannte ihn der Verfassungsrat 1979 zum „Imam“, zum obersten religiösen Führer. Nach seinem Tod übernahm diese Rolle Ali Chamenei, der auch das letzte Wort in allen strategischen Belangen hat.
Ein baldiges Ende des Regimes ist nach Ansicht vieler Beobachter im Land unwahrscheinlich. „Die Menschen befürchten, dass dann alles noch schlimmer werden könnte“, erklärt die Tochter von Ex-Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani, Faeseh Haschemi. Das Schicksal der Menschen in Afghanistan, Irak, Jemen oder Syrien, wo politische Veränderungen nur zu Chaos und Gewalt geführt haben, wirkt abschreckend.
Derzeit haben Land und Regierung aber ein anderes Problem: Donald J. Trump. Der US-Präsident kündigte nicht nur das Wiener Atomabkommen von 2015 auf, sondern verhängte auch neue Sanktionen. Hand in Hand mit seinen engen Verbündeten in der Region - Israel und das sunnitische Königreich Saudi-Arabien - will Trump den Einfluss des Irans zurückdrängen. Doch das ist ein schwieriges Unterfangen, hat sich das Land doch längst zu einer starken Regionalmacht entwickelt. (dpa, AFP, Reuters)
Farshid Motahari, Jan Kuhlmann