Sigmar Gabriel: Der Außenminister als Wahlkämpfer
Wie Sigmar Gabriel seine Rolle (und seine Freiheiten) als Außenminister nutzt, um sich in den Großthemen Militär und Europa von der CDU abzusetzen. Ein Kommentar
Die Hauptkampflinien des Wahlkampfs werden klar. Neben dem Thema soziale Gerechtigkeit werden es bei den Sozialdemokraten diese Fragen sein: Wie hältst du’s mit dem Militär? Und was tust du für Europa? Das zeigt Sigmar Gabriel. Wie er sich in seiner Rolle als Außenminister von der Union absetzt, das hat schon seine Art. Beim Blick auf das Ziel, den Wehretat auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung zu steigern, baut er eine klare Front gegen die Verteidigungsministerin auf (die manchen ja immer noch als Kanzlerin der Reserve gilt). Ursula von der Leyen mit der Furcht vor Aufrüstung und ihren Folgen zu koppeln, ist erfolgversprechend; Jahrzehnte der Zurückhaltung lassen sich nicht wegkommandieren. Dazu kommen freundliche Töne gegenüber den gebeutelten Griechen, die so ganz anders klingen als die des Finanzministers (der als Schatzkanzler enormen Einfluss auf die Union nimmt). Die Koppelung von Wolfgang Schäuble mit bösen Worten wie dem „Grexit“ gibt wiederum dem SPD-Kanzlerkandidaten die Vorlage für seinen Wahlkampf nach dem Motto: Martin Schulz, das gelebte Europa. Die SPD zeigt ihre Waffen. Dass einer wie Gabriel auch mal ganz anders geredet hat – frei nach Adenauer: Was schert ihn sein Geschwätz von gestern. Ob das fürs Morgen reicht, weiß heute aber keiner. cas
Stephan-Andreas Casdorff