Wolfgang Gedeon: Der Antisemit, der die AfD spaltet
Der AfD-Politiker Wolfgang Gedeon schrieb als Rentner ein 2230-seitiges Werk. Der Antisemitismus darin bringt seine ganze Partei in Schwierigkeiten.
Auf den Gängen des Stuttgarter AfD-Parteitags Anfang Mai sagten Parteifreunde wenig Nettes über Wolfgang Gedeon. Ein Funktionär drückte es so aus: Man müsse sich den Herrn doch nur mal anschauen, wie er gebückt gehe, wie er in sich zusammengefallen sei. Ein „Sonderling“ sei er, wie es noch allzu viele gebe aus den Anfangstagen der AfD.
Tatsächlich war der Bundesparteitag kein Erfolgserlebnis für Gedeon. Der 69-Jährige – Eigenbeschreibung: „Politiker, Autor, Mediziner, Philosoph“ – erlitt mit seinem in wochenlanger Heimarbeit geschriebenen Programmentwurf Schiffbruch, durfte nicht mal dazu reden. Wer hätte gedacht, dass er die gesamte Partei zwei Monate später an den Rand der Spaltung bringt?
Fragen am Telefon mag er nicht beantworten
Der Ex-Maoist Gedeon spricht leise, wenn man ihm begegnet, schaut seinem Gesprächspartner kaum in die Augen. Fragen am Telefon mag er nicht mehr beantworten, zu viele schlechte Erfahrungen habe er mit Journalisten gemacht. Ohnehin meint der AfD-Abgeordnete aus dem Kreis Konstanz, dass seine Bücher nicht für jeden gemacht seien. Sie eigneten sich nicht für „Diskussionen auf dem Marktplatz“, seien „Hintergrundliteratur“. Die Idee, im Streit um seinen vorerst gescheiterten Ausschluss aus der Stuttgarter Landtagsfraktion ein „wissenschaftliches Gutachten“ zur Frage des Antisemitismus in seinen Büchern einzuholen, stammt von Gedeon selbst.
Dabei sind Gutachter das allerletzte, was es braucht, um die Judenfeindlichkeit in Gedeons Schriften zu erkennen. Mehr als 1800 Seiten umfasst seine Trilogie „Christlich-europäische Leitkultur“, die unter der Autorenkennung „W.G. Meister“ in einem Bezahlverlag erschienen ist. Jetzt diskutiert werden vor allem Auszüge aus „Der grüne Kommunismus und die Diktatur der Minderheiten“.
Selbst Alexander Gauland wirft ihm Antisemitismus vor
„Im Gymnasium waren Originalschriften von Cicero, Seneca und Platon mein tägliches Brot“, schreibt Gedeon über sich. Es ist diese Überheblichkeit und Kühle, mit denen er das Offensichtliche zu übertünchen versucht. „Wie der Islam der äußere Feind, so waren die talmudischen Ghetto-Juden der innere Feind des christlichen Abendlands“, schreibt er zum Beispiel unter Bezugnahme auf die judenfeindliche Hetzschrift „Die Protokolle der Weisen von Zion“. Selbst AfD-Vize Alexander Gauland sagt: „Es ist ganz klar, dass das Antisemitismus ist.“ Wobei Gedeon es dabei nicht belässt. Über die systematische Abwertung von Frauen, Muslimen und Homosexuellen in seinem 2230-seitigen Werk ist nur noch nicht geschrieben worden.